BGH: Anspruch auf Bauhandwerkersicherung

2.4.2024
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Im Interesse des Bestellers, der davor geschützt werden muss, eine Sicherheit leisten zu müssen, welche das Sicherungsbedürfnis des Unternehmers übersteigt, kann der Unternehmer die Bauhandwerkersicherung in Fällen des § 650f Abs. 5 Satz 2 und 3 BGB nur bezogen auf die Nettovergütung verlangen, wenn er eine Belastung mit Umsatzsteuer nicht schlüssig darlegen kann.

BGH, Urteil vom 18. Januar 2024 – VII ZR 34/23 

1. Problemstellung

Der VII. Zivilsenat hatte sich mit der Bemessung des Anspruchs auf Bauhandwerkersicherung unter Zugrundelegung der Vermutung des § 650f Abs. 5 Satz 3 BGB zu befassen.

2. Inhalt und Gegenstand der Entscheidung

Am 23. April 2021 schlossen die Parteien einen Generalübernehmervertrag für die schlüsselfertige Errichtung eines Gesundheitscampus zu einem Pauschalfestpreis von 9.340.000 € brutto. Auf die erste Abschlagsrechnung über 520.000 € für Planungsleistungen und Projektentwicklung bezahlte die Beklagte am 25. Mai 2021 einen Teilbetrag in Höhe von 270.000 €. Mit Schreiben vom 27. Mai 2021 verlangte die Klägerin unter Fristsetzung bis zum 9. Juni 2021 eine Bauhandwerkersicherung nach § 650f BGB in Höhe von 9.977.000 €. Nachdem diese nicht gestellt wurde, kündigte die Klägerin am 10. Juni 2021 den Generalübernehmervertrag aus wichtigem Grund. Mit Schreiben vom 16. Juni 2021 erklärte die Beklagte ihrerseits die fristlose Kündigung des Generalübernehmervertrags und begründete diese unter anderem mit der rechtsmissbräuchlichen Inanspruchnahme der Kündigungsmöglichkeit nach § 650f BGB. Das Landgericht hat der auf Stellung einer Bauhandwerkersicherung in Höhe von 498.850 € gerichteten Klage in Höhe von 216.700 € stattgegeben. Die Berufung der Beklagten hat keinen Erfolg gehabt. Eine Bauhandwerkersicherung gemäß § 650f Abs. 1 BGB könne auch nach Kündigung des Bauvertrags verlangt werden, denn der Sicherungsanspruch sei bereits mit Abschluss des Bauvertrags entstanden und bestehe dem Grunde nach nach der Kündigung des Vertrags fort. Die Klägerin habe berechtigt nach § 650f Abs. 5 Satz 1 BGB gekündigt, weil die Beklagte den wirksam entstandenen Anspruch der Klägerin auf Gestellung einer Bauhandwerkersicherung pflichtwidrig nicht erfüllt habe. Mit der Kündigung durch die Klägerin sei das Vertragsverhältnis mit sofortiger Wirkung beendet worden. Die spätere Kündigung der Beklagten sei deshalb nicht mehr von Bedeutung, weil ein durch eine wirksame Kündigungserklärung bereits umgestaltetes Vertragsverhältnis nicht durch eine weitere Kündigungserklärung erneut umgestaltet werden könne. Die Kündigung wirke sich auf die Höhe der zu sichernden Forderung im Zeitpunkt des Sicherungsverlangens aus. Der Unternehmer müsse die Höhe der ihm nach der Kündigung zustehenden Vergütung auf der Grundlage der vertraglichen Vereinbarung schlüssig darlegen. Dazu müsse er grundsätzlich eine Abrechnung der erbrachten und nicht erbrachten Leistungen, regelmäßig durch eine Schlussrechnung, vornehmen. Der Unternehmer müsse sich nach § 650f Abs. 5 BGB auf die vereinbarte Vergütung dasjenige anrechnen lassen, was er infolge der Aufhebung des Vertrages erspart habe. Werde ein Pauschalpreisvertrag gekündigt, sei die Höhe der Vergütung für die erbrachten Leistungen nach dem Verhältnis des Werts der erbrachten Teilleistung zum Wert der nach dem Pauschalvertrag geschuldeten Gesamtleistung zu errechnen. Der Unternehmer müsse deshalb das Verhältnis der bewirkten Leistungen zur vereinbarten Gesamtleistung und des Preisansatzes für die Teilleistungen zum Pauschalpreis darlegen. Sofern der Unternehmer die Höhe der ersparten Aufwendungen nicht (schlüssig) darlege oder darlegen könne, streite für ihn die Vermutung des § 650f Abs. 5 Satz 3 BGB, wonach ihm 5 Prozent der auf den noch nicht erbrachten Teil der Werkleistung entfallenden vertraglich vereinbarten Vergütung zustehe. Zwar habe die Klägerin erbrachte und nicht erbrachte Leistungen nicht voneinander abgegrenzt und keine Schlussrechnung erstellt. Dies sei zur schlüssigen Darlegung der zu sichernden Forderung ausnahmsweise nicht erforderlich, weil sich deren Höhe ohne Weiteres aus den gesetzlichen Regelungen in Verbindung mit der vertraglich vereinbarten Pauschalfestpreisvergütung ergebe. Mit der Klage verlange die Klägerin für die erbrachten Leistungen zulässigerweise lediglich eine Sicherung in Höhe eines Teilvergütungsanspruchs von 5 %. Die Vorlage einer Schlussrechnung mit der Unterscheidung der Vergütung für erbrachte und nicht erbrachte Leistungen sei für die schlüssige Darlegung des Sicherungsverlangens nicht erforderlich. Einer weitergehenden Individualisierung der mit der Klage verlangten Sicherungsforderung bedürfe es nicht, weil es sich bei den geltend gemachten 5 % der nicht erbrachten Leistungen und dem Anteil von 5 % der erbrachten Leistungen lediglich um unselbständige Rechnungsposten einer einheitlichen Forderung und nicht um selbständige prozessuale Ansprüche handele. Die Klägerin mache 5 % des vereinbarten Pauschalpreises, bestehend aus der gesetzlich vermuteten Pauschale von 5 % für die nicht erbrachten Leistungen und einen Teil des Werklohns von 5 % für die erbrachten Leistungen geltend. Die Vermutung eines Anspruchs von 5 % der vereinbarten Vergütung bestehe zwar für die Vergütung erbrachter Leistungen nicht. Die Klägerin mache aber für die erbrachten Leistungen von der Vergütung im Umfang von 100 %, die sie im Sicherungsprozess verlangen könnte, lediglich einen Teil von 5 % geltend. Dem Werkunternehmer stehe es frei, zunächst eine Sicherheit lediglich für einen Teil seines gesamten Vergütungsanspruchs zu verlangen. Der Anspruch der Klägerin auf Sicherheitsleistung bestehe in Höhe von 216.700 €. Die von der Klägerin verlangte Sicherung in Höhe von 5 % der vereinbarten Vergütung für die nicht erbrachten Leistungen zuzüglich eines Anteils von 5 % der vereinbarten Vergütung für die erbrachten Leistungen, rechnerisch 5 % der vertraglich vereinbarten Gesamtpauschalfestpreisvergütung von 9.340.000 €, belaufe sich auf 467.000 €. Hierauf habe die Beklagte eine Teilzahlung von 270.000 € geleistet, so dass insoweit kein Sicherungsbedürfnis mehr bestehe. Zu den verbleibenden 197.000 € seien 10 % für Nebenforderungen hinzuzurechnen (OLG Stuttgart, Urteil vom 17. Januar 2023 – 10 U 91/22).  

Die Revision der Beklagten hat nur teilweise, nämlich insoweit Erfolg, als das Berufungsgericht die Beklagte zur Leistung einer den Betrag von 134.680,68 € übersteigenden Sicherheit verurteilt hat. Rechtsfehlerfrei hat das Berufungsgericht entschieden, dass die Klägerin dem Grunde nach einen Anspruch gemäß § 650f Abs. 1 Satz 1 BGB darauf hat, dass die Beklagte ihr eine Bauhandwerkersicherung für die vereinbarte und noch nicht gezahlte Vergütung einschließlich dazugehöriger Nebenforderungen stellt, deren Höhe sich als Rechtsfolge der durch die Klägerin wirksam erklärten außerordentlichen Kündigung nach § 650f Abs. 5 Satz 2 und 3 BGB bestimmt. Die tatbestandlichen Voraussetzungen des § 650f Abs. 1 Satz 1 BGB sind erfüllt, denn die Klägerin begehrt Sicherheit für noch nicht gezahlte Vergütung aus einem Bauvertrag nach § 650a Abs. 1 BGB. Der Anspruch der Klägerin auf eine Bauhandwerkersicherung scheitert nicht daran, dass der Bauvertrag gekündigt ist. Eine auf § 650f Abs. 5 Satz 1 Fall 2 BGB gestützte Kündigung des Unternehmers beeinflusst den Anspruch auf Gestellung einer Sicherheit gemäß § 650f Abs. 1 BGB dem Grunde nach nicht, sondern nur dessen Höhe. Die vorzeitige Beendigung eines Bauvertrags lässt das Sicherungsbedürfnis des Unternehmers nicht entfallen, weil dessen Anspruch auf die vereinbarte und nicht gezahlte Vergütung weiterhin der Sicherheit bedarf. Dies gilt auch für den Fall, dass der Unternehmer den Bauvertrag nach § 650f Abs. 5 BGB gekündigt hat, weil der Besteller seinem berechtigten (ersten) Verlangen nach einer Bauhandwerkersicherung nicht nachgekommen ist.

Es bestehen keine revisionsrechtlichen Bedenken gegen die Annahme des Berufungsgerichts, die von der Beklagten am 16. Juni 2021 ausgesprochenen Kündigung habe keine Rechtswirkungen mehr entfalten können. Zutreffend hat das Berufungsgericht diese als unbeachtlich behandelt, weil das Vertragsverhältnis bei Ausspruch dieser Kündigung bereits anderweitig umgestaltet war. Denn die Klägerin hatte den Generalübernehmervertrag zuvor wirksam außerordentlich gekündigt. Hierzu war sie gemäß § 650f Abs. 5 Satz 1 Fall 2 BGB berechtigt, weil die Beklagte ihrem Sicherungsverlangen nicht fristgerecht entsprochen hatte. Dem Sicherungsverlangen standen keine durchgreifenden Einwendungen entgegen. Eigene Vertragstreue ist kein ungeschriebenes Tatbestandsmerkmal des § 650f Abs. 5 Satz 1 Fall 2 BGB. Es stellt keine unzulässige Rechtsausübung und keinen Verstoß gegen das bauvertragliche Kooperationsgebot dar, wenn dem Sicherungsverlangen des Unternehmers auch andere Motive als die bloße Erlangung einer Sicherheit zugrunde liegen. Soweit die Beklagte geltend macht, die Klägerin könne sich auf die Rechtsfolgen ihrer eigenen außerordentlichen Kündigung nach § 242 BGB nicht berufen, sind die dazu vorgetragenen Tatsachen streitig und deshalb einer Klärung durch Beweisaufnahme im vorliegenden Sicherungsprozess nicht zugänglich.      

Von Rechtsfehlern beeinflusst ist jedoch die Bestimmung der Höhe des sicherbaren Anspruchs. Dieser besteht unter Berücksichtigung der bereits geleisteten Zahlung der Beklagten nur in Höhe von 134.680,68 €. Im Ausgangspunkt zutreffend ist das Berufungsgericht davon ausgegangen, dass eine Sicherung nicht mehr bezogen auf die ursprünglich vertraglich vereinbarte Vergütung gemäß § 631 Abs. 1 BGB, sondern nur noch bezogen auf die Vergütung in der Höhe verlangt werden kann, die die Klägerin als Rechtsfolge der wirksam erfolgten außerordentlichen Kündigung für sich reklamiert. Der Unternehmer muss die Höhe des Sicherheitsverlangens seinem ihm nach der Kündigung verbleibenden Vergütungsanspruch anpassen. Als Folge der wirksamen Kündigung der Klägerin bestimmt sich die Höhe des sicherbaren Anspruchs gemäß § 650f Abs. 5 Satz 2 und 3 BGB. Gemäß § 650f Abs. 5 Satz 2 BGB kann der Unternehmer die vereinbarte Vergütung verlangen, muss sich jedoch dasjenige anrechnen lassen, was er infolge der Aufhebung des Vertrages an Aufwendungen erspart oder durch anderweitige Verwendung seiner Arbeitskraft erspart oder böswillig zu erwerben unterlässt. Im Sicherungsprozess muss der Unternehmer die Höhe des zu sichernden Vergütungsanspruchs schlüssig darlegen. Zur Ermittlung der Höhe des Anspruchs nach § 650f Abs. 5 BGB bedarf es grundsätzlich der schlüssigen Darlegung der vereinbarten Vergütung, der Abgrenzung erbrachter Leistungen von den nicht erbrachten Leistungen sowie der Darlegung, welche Kosten der Unternehmer erspart hat und welchen anderweitigen Erwerb er sich anrechnen lassen muss. Haben die Parteien einen Pauschalpreisvertrag geschlossen, bestimmt sich die Höhe der Vergütung für die erbrachten Leistungen nach dem Verhältnis des Werts der erbrachten Teilleistungen zum Wert der vereinbarten Gesamtleistung. Der Unternehmer muss deshalb das Verhältnis der bewirkten Leistungen zur vereinbarten Gesamtleistung und des Preisansatzes für die Teilleistungen zum Pauschalpreis darlegen.

Rechtsfehlerfrei nimmt das Berufungsgericht an, dass der Vortrag der Klägerin für die Bemessung der Sicherheit gleichwohl schlüssig ist. Die Klägerin begehrt die Sicherung einer Vergütung gemäß § 650f Abs. 5 Satz 2 und 3 BGB in Höhe von insgesamt 5 % des vereinbarten Pauschalpreises. Bezogen auf die nicht erbrachten Leistungen stützt sie sich auf die gesetzlich vermutete Pauschale nach § 650f Abs. 5 Satz 3 BGB. Als Sicherheit für die erbrachten Leistungen verlangt sie nicht die Vergütung in voller Höhe, sondern macht auch diesbezüglich nur 5 % der vereinbarten Vergütung gestützt auf die Pauschalierung nach § 650f Abs. 5 Satz 3 BGB geltend. Das Vorbringen der Klägerin zur Berechnung ihrer Vergütung ist entgegen der Auffassung der Beklagten nicht deshalb unschlüssig, weil die Klägerin die von ihr bereits erbrachten Leistungen nicht von den noch ausstehenden Leistungen abgegrenzt und, wie für Pauschalpreisverträge notwendig, die entsprechende Vergütung dem erbrachten und nicht erbrachten Leistungsteil zugeordnet hat. Zwar bedarf es zur Ermittlung der kündigungsbedingt geschuldeten Vergütung aus einem Pauschalpreisvertrag grundsätzlich einer solchen Darlegung. Diese war jedoch entbehrlich, weil die Klägerin, in Kenntnis, dass sie keine solche Aufstellung erstellt hat, bezogen auf die erbrachten Leistungen nicht die darauf entfallende volle Vergütung, sondern lediglich einen fünfprozentigen Anteil geltend macht. Der Beklagten erwächst kein Nachteil, wenn die Klägerin mit ihrer Forderung hinter dem zurückbleibt, was sie als Vergütung für erbrachte Leistungen tatsächlich fordern könnte. Der Unternehmer kann sein Sicherungsverlangen auf einen Teilbetrag beschränken. Die Klägerin macht als Teil des Sicherungsverlangens für erbrachte Leistungen lediglich die kündigungsbedingte Vergütung in der Höhe geltend, welche sie beanspruchen könnte, wenn sie keinerlei Leistungen erbracht hätte. Eine solche Vergütung steht ihr ausgehend von der Vermutungsregelung des § 650f Abs. 5 Satz 3 BGB in jedem Fall zu.

Der Schlüssigkeit steht auch nicht entgegen, dass die Klägerin keine Angaben zu einem anderweitigen Erwerb iSv. § 650f Abs. 5 Satz 2 Halbsatz 2 Fall 2 BGB gemacht hat. Zugunsten der Klägerin gilt die Vermutungsregel des § 650f Abs. 5 Satz 3 BGB, die gerade eine Vereinfachung für Unternehmer ermöglicht, die wie die Klägerin Schwierigkeiten haben, die kündigungsbedingt geschuldete Vergütung nach § 650f Abs. 5 Satz 2 BGB schlüssig darzustellen.  

Das Vorbringen ist auch ohne Vorlage einer Schlussrechnung schlüssig. Die Angaben, die üblicherweise zur Abrechnung eines gekündigten Pauschalpreisvertrags in die Schlussrechnung einfließen, sind kein Selbstzweck, sondern dienen dem Informations- und Kontrollinteresse des Bestellers. Benötigt dieser keine weiteren Informationen, um die Forderungsberechnung nachzuvollziehen, kann die Vorlage einer Schlussrechnung entbehrlich sein. Diese für die Geltendmachung der Vergütung entwickelten Überlegungen können auf die Bestimmung der Höhe des Sicherungsverlangens übertragen werden. Weiterer Angaben oder der Vorlage einer Schlussrechnung bedarf es nicht, wenn sich die Höhe des Sicherungsverlangens ohne weiteres aus dem Gesetz und der vertraglich vereinbarten Pauschalfestpreisvergütung ergibt. Dies ist der Fall, denn die Höhe der geforderten Sicherheit, die die Klägerin auf die Mindestvergütung beschränkt hat, die ihr zustehen würde, hätte sie keinerlei Leistungen erbracht, kann ohne Abgrenzung der erbrachten von den nicht erbrachten Leistungsteilen dem Gesetz entnommen und anhand des vereinbarten Pauschalbetrags ermittelt werden.    

Das Berufungsgericht hat jedoch zu Unrecht unberücksichtigt gelassen, dass der Unternehmer auf den Teil der Vergütung, der für noch nicht erbrachte Leistungen geltend gemacht wird, keine Umsatzsteuer berechnen darf. Dies hat zur Folge, dass die Klägerin nur eine Sicherheit für die geschuldete Nettovergütung beanspruchen kann. Der Ausgangspunkt des Berufungsgerichts, dass der Vergütungsanspruch im Sicherungsprozess lediglich summarisch geprüft werde und es deshalb nicht darauf ankomme, wie die spätere Abrechnung erfolgt, ist unzutreffend. Die Bemessung der Höhe der Sicherheit knüpft materiell-rechtlich an die Vergütung an, die der Unternehmer im Zeitpunkt des Sicherungsverlangens noch verlangen kann und die er darum schlüssig darzulegen hat. Grundsätzlich hat der Unternehmer Anspruch auf den vereinbarten Nettowerklohn zuzüglich Umsatzsteuer, mit der Folge, dass der Bruttobetrag für die Bemessung der Sicherheit maßgeblich ist. Dies gilt jedoch nicht, wenn der Unternehmer nicht Umsatzsteuerschuldner ist, weil dann kein Sicherungsbedürfnis hinsichtlich des Umsatzsteuerbetrags besteht. Besteht der zu sichernde Vergütungsanspruch nur in Höhe des Nettobetrags, kann der Unternehmer nur in diesem Umfang Sicherheit verlangen. Kann der Unternehmer eine Belastung mit Umsatzsteuer nicht schlüssig darlegen, muss die Klage auf Gestellung einer Sicherheit bezogen auf den Umsatzsteueranteil abgewiesen werden. Weil die Klägerin die erbrachten Leistungen und die Höhe der hierfür beanspruchten Vergütung nicht schlüssig dargelegt hat, kann auch die Höhe der hierauf zu zahlenden Umsatzsteuer nicht bestimmt werden. Im Interesse der Beklagten, die davor geschützt werden muss, eine Sicherheit leisten zu müssen, welche das Sicherungsbedürfnis der Klägerin übersteigt, kann die Klägerin darum die Sicherheit insgesamt nur bezogen auf die Nettovergütung verlangen. Ausgehend hiervon berechnet sich die Höhe der zu leistenden Sicherheit nach der vertraglich vereinbarten Gesamtpauschalfestpreisvergütung von 9.340.000 € brutto, was einem Nettobetrag von 7.848.739,50 € entspricht. Der von der Klägerin verlangte Sicherungsbetrag bezogen auf fünf Prozent der vereinbarten Vergütung für die nicht erbrachten Leistungen und eines Anteils von fünf Prozent der vereinbarten Vergütung für die erbrachten Leistungen beläuft sich rechnerisch auf fünf Prozent der Nettovergütung und damit auf 392.436,98 €. Hiervon ist die geleistete Teilzahlung in Höhe von 270.000 € abzuziehen. Dem danach verbleibenden Restbetrag von 122.436,98 € sind zehn Prozent für Nebenforderungen hinzuzurechnen, so dass sich eine zu sichernde Vergütung in Höhe von 134.680,68 € ergibt.

3. Kontext der Entscheidung

Der Anspruch auf eine Sicherheit nach § 650f BGB besteht auch nach einer Kündigung. Das Gesetz enthält insoweit keine Beschränkungen. Diese sind auch nicht deshalb veranlasst, weil nach einer Kündigung regelmäßig keine Vorleistungen des Unternehmers mehr ausstehen. Denn es kommt seit der Neufassung der Vorgängervorschrift des § 648a BGB durch das zum 1. Januar 2009 geltende Forderungssicherungsgesetz nicht mehr darauf an, ob der Unternehmer noch Vorleistungen erbringen muss. Das Gesetz stellt sei der der Neufassung des § 648a BGB a.F. und auch in § 650f BGB konsequent auf das Sicherungsinteresse des Unternehmers ab, das solange besteht, wie sein Vergütungsanspruch nicht befriedigt worden ist. Es reicht daher für einen Anspruch des Unternehmers gegen den Besteller auf Leistung einer Sicherheit aus, dass dem Unternehmer noch ein Vergütungsanspruch zusteht (BGH, Urteil vom 6. März 2014 – VII ZR 349/12 –, Rn. 14). Zur Geltendmachung dieses Anspruchs muss der Unternehmer die ihm nach einer Kündigung zustehende Vergütung nur schlüssig darlegen (BGH, Urt. v. 06. März 2014 - VII ZR 349/12, Rn. 29). Ist im Rahmen einer Sicherungsklage gemäß § 650f Abs. 1 BGB die Höhe der Unternehmervergütung zwischen den Parteien umstritten, ist es zulässig und in aller Regel auch geboten, dass das Gericht die Sicherheitsleistung, zu der es den Besteller verurteilt, in freier Überzeugung gemäß § 287 Abs. 2 ZPO festsetzt (BGH, Urteil vom 17. August 2023 – VII ZR 228/22 –, Rn. 31). Sind die tatsächlichen Voraussetzungen der Berechnung des dargelegten Vergütungsanspruchs streitig, ist dem Unternehmer für seine schlüssig dargelegte Vergütung eine Sicherheit ohne Klärung der Streitfragen zu gewähren. Anderes gilt, wenn die Klärung der Streitfragen nicht zu einer Verzögerung des Rechtsstreits führt (dazu im Einzelnen: Schwenker NJW 2014, 2189).

4. Auswirkungen für die Praxis

Der VII. Zivilsenat hat entschieden, dass die gemäß § 649 Satz 2 BGB a.F. (heute: § 648 Abs. 2 BGB) nach freier Kündigung eines Bauvertrages zu zahlende Vergütung nur insoweit Entgelt im Sinne von § 10 Abs. 1 UStG und damit Bemessungsgrundlage für den gemäß § 1 Abs. 1 Nr. 1 UStG steuerbaren Umsatz ist, als sie auf schon erbrachte Leistungsteile entfällt. Der Anspruch aus § 649 Satz 2 BGB a.F. stelle eine Entschädigung dar und sei kein Entgelt und damit kein Bestandteil der Besteuerungsgrundlage der Mehrwertsteuer (BGH, Versäumnisurteil vom 22. November 2007 – VII ZR 83/05 -, Rn. 17). Dies gilt genauso für den Anspruch des Unternehmers nach § 650f Abs. 5 Satz 2 BGB, der § 648 Satz 2 BGB nachgebildet ist. Bemessungsgrundlage für den Mindestanspruch nach § 650f Abs. 5 Satz 3 BGB kann daher nur die Nettovergütung des Unternehmers sein. Die entgegenstehenden und kaum nachzuvollziehenden Überlegungen des Berufungsgerichts sind daher mit der Rechtsprechung des BGH nicht in Übereinstimmung zu bringen. Ob die Auffassung des VII. Zivilsenats zum Entschädigungscharakter des Anspruchs aus §§ 648 Satz 2, 650f Abs. 5 Satz BGB die Billigung des BFH findet, steht jedoch nicht fest, sodass der für die Rechtsverfolgung einzuschlagende sicherste Weg einen entsprechenden ergänzenden Feststellungsantrag vorsehen sollte.

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