BGH: Kenntnisvermittlung offenbarungspflichtiger Umstände beim Kaufvertrag

13.12.2023
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Der Verkäufer eines bebauten Grundstücks, der dem Käufer Zugriff auf einen Datenraum mit Unterlagen und Informationen zu der Immobilie gewährt, erfüllt hierdurch seine Aufklärungspflicht, wenn und soweit er aufgrund der Umstände die berechtigte Erwartung haben kann, dass der Käufer durch Einsichtnahme in den Datenraum Kenntnis von dem offenbarungspflichtigen Umstand erlangen wird.

BGH, Urteil vom 15. September 2023 – V ZR 77/22

Problemstellung

Der u.a. für Grundstückskaufverträge zuständige V. Zivilsenat hatte zu entschieden, ob der Verkäufer eines bebauten Grundstücks, der dem Käufer Zugriff auf einen Datenraum mit Unterlagen und Informationen zu der Immobilie gewährt, hierdurch seine Aufklärungspflicht erfüllt, wenn und soweit er aufgrund der Umstände die berechtigte Erwartung haben kann, dass der Käufer durch Einsichtnahme in den Datenraum Kenntnis von dem offenbarungspflichtigen Umstand erlangen wird.

Inhalt und Gegenstand der Entscheidung

Die Beklagte zu 1 (Verkäuferin) verkaufte der Klägerin mit notariellem Vertrag vom 25. März 2019 mehrere Gewerbeeinheiten in einem großen Gebäudekomplex zu einem Kaufpreis von 1.525.000 € unter Ausschluss der Sachmängelhaftung. In dem Kaufvertrag versicherte die Verkäuferin, dass keine Beschlüsse gefasst seien, aus denen sich eine künftig fällige Sonderumlage ergebe, mit Ausnahme eines Beschlusses über die Dachsanierung mit wirtschaftlichen Auswirkungen von 5.600 € jährlich für den Käufer (§ 4 Nr. 2). Zudem versicherte die Verkäuferin, dass nach ihrer Kenntnis außergewöhnliche, durch die Instandhaltungsrücklage nicht gedeckte Kosten im laufenden Wirtschaftsjahr nicht angefallen seien und ihr auch nicht bekannt sei, dass solche Kosten bevorstünden oder weitere Sonderumlagen beschlossen worden seien (§ 4 Nr. 7). Weiter heißt es in dem Kaufvertrag, der Verkäufer habe dem Käufer die Protokolle der Eigentümerversammlungen der letzten drei Jahre übergeben und der Käufer habe Kenntnis von dem Inhalt der Unterlagen (§ 4 Nr. 8). Die Klägerin wurde als Eigentümerin der Einheiten in das Grundbuch eingetragen. Im Rahmen der Kaufvertragsverhandlungen, die auf Seiten der Verkäuferin von dem Geschäftsführer ihrer Komplementärin, dem Beklagten zu 2 geführt wurden, hatte die Klägerin Zugriff auf einen von der Verkäuferin eingerichteten virtuellen Datenraum erhalten, der verschiedene Unterlagen zu dem Kaufobjekt enthielt. Am Freitag, den 22. März 2019, stellte die Verkäuferin die seit dem 1. Juli 2007 zu führende Beschlusssammlung in den Datenraum ein; darin enthalten war das Protokoll der Eigentümerversammlung vom 1. November 2016. In dieser Versammlung hatten die Eigentümer beschlossen, die Mehrheitseigentümerin auf Zahlung von 50 Mio. € in Anspruch zu nehmen zur Umsetzung eines in der Eigentümerversammlung vom 17. Mai 2006 gefassten sog. „Umbau- und Revitalisierungs“-Beschlusses über umfangreiche bauliche Änderungen in dem Gebäudekomplex. Zugleich war abgelehnt worden, eine Sonderumlage in gleicher Höhe von den Eigentümern der Gewerbeeinheiten unter Freistellung der Wohnungseigentümer zu erheben. Um die Aufbringung der Sanierungskosten durch die Sonderumlage durchzusetzen, hatte eine andere Eigentümerin Klage erhoben. Das Verfahren endete im Januar 2020 mit einem Vergleich, demzufolge von den Eigentümern der Gewerbeeinheiten eine Sonderumlage von zunächst 750.000 € - bei Bedarf bis zu 50 Mio. € - für Instandhaltungs- und Instandsetzungsmaßnahmen am Gemeinschaftseigentum erhoben werden sollte. Auf dieser Grundlage wurde auch die Klägerin in Anspruch genommen. Daraufhin erklärte sie mit Schreiben vom 2. März 2020 die Anfechtung des Kaufvertrags wegen arglistiger Täuschung, vorsorglich den Rücktritt vom Kaufvertrag.

Mit der Klage verlangt die Klägerin von den Beklagten als Gesamtschuldnern die Freistellung von den zur Finanzierung des Kaufpreises eingegangenen Darlehensverbindlichkeiten, hilfsweise die Zahlung von 1.500.000 €, daneben die Zahlung von 184.551,82 € - jeweils Zug um Zug gegen Übereignung der Gewerbeeinheiten und Abtretung der Rückgewähransprüche bezüglich der eingetragenen Grundschulden - sowie die Feststellung der Ersatzpflicht für künftige Schäden und des Annahmeverzugs. Das Landgericht hat die Klage abgewiesen. Das Oberlandesgericht hat die Berufung der Klägerin zurückgewiesen. Die Klägerin habe gegen die Verkäuferin keinen Anspruch auf Befreiung von den Darlehensverbindlichkeiten aus § 812 Abs. 1 BGB. Ihr stehe kein Recht zur Anfechtung des Kaufvertrags wegen arglistiger Täuschung gemäß § 123 Abs. 1 BGB zu. Die Verkäuferin habe in dem notariellen Kaufvertrag zutreffende Erklärungen abgegeben, denn eine Sonderumlage sei bis zum Vertragsschluss nicht beschlossen worden. Ob sich aufgrund der bei Abschluss des Kaufvertrages fehlenden Bestandskraft des die Sonderumlage ablehnenden Beschlusses vom 1. November 2016 eine künftig fällige Sonderumlage hinreichend konkret ergeben und die Verkäuferin insoweit objektiv eine falsche Zusicherung abgegeben habe, könne dahinstehen. Denn jedenfalls sei der Tatbestand der arglistigen Täuschung diesbezüglich subjektiv nicht erfüllt, weil nicht feststehe, dass die Verkäuferin von der auf die Erhebung einer Sonderumlage abzielenden Klage Kenntnis gehabt habe. Die Klägerin habe auch keinen Schadensersatzanspruch aus § 280 Abs. 1, § 311 Abs. 2 Nr. 1, § 241 Abs. 2 BGB, denn die Verkäuferin habe nicht unter Missachtung ihrer Aufklärungspflicht wahre Tatsachen unterdrückt. Insbesondere könne die Klägerin der Verkäuferin nicht vorwerfen, das Protokoll der Eigentümerversammlung vom 1. November 2016 erst unmittelbar vor dem Notartermin „klammheimlich“ in den Datenraum eingestellt und ihr damit „untergeschoben“ zu haben. Denn die Klägerin habe schon mit dem Verkaufsexposé den Hinweis auf diese Eigentümerversammlung und auf eine anstehende Ertüchtigung der Fassade und Umgestaltung des Gebäudekomplexes auf zwei Ebenen erhalten. Dem sei sie nicht nachgegangen. Zudem müsse sich die Klägerin ihre in dem Kaufvertrag abgegebene Bestätigung, die Protokolle der Eigentümerversammlungen der letzten drei Jahre erhalten zu haben, entgegenhalten lassen. Es habe in ihrer Verantwortung gelegen, sich über die maßgebliche Beschlusslage der Eigentümergemeinschaft zu informieren. Die Parteien hätten auch keine Frist vereinbart, innerhalb derer Informationen über den Kaufgegenstand in den elektronischen Datenspeicher längstens eingestellt werden konnten. Das Vorbringen der Klägerin, sie sei entgegen der bisherigen Übung nicht auf die Zurverfügungstellung weiterer Unterlagen hingewiesen worden, sei zu allgemein gehalten und widersprüchlich. Gegen den Beklagten zu 2 stünden der Klägerin ebenfalls keine Schadensersatzansprüche zu. Mangels arglistiger Täuschung scheide eine deliktische Haftung nach §§ 823, 826 BGB aus. Für einen Anspruch aus § 280 Abs. 1, § 311 Abs. 3, § 241 Abs. 2 BGB fehle es an einer Inanspruchnahme besonderen persönlichen Vertrauens.

Die gegen die Verkäuferin gerichtete Revision ist in vollem Umfang begründet. Im Ergebnis zutreffend ist allerdings die Annahme des Berufungsgerichts, dass die Klägerin einen solchen Anspruch nicht auf § 812 Abs. 1 BGB stützen kann. Richtigerweise folgt dies bereits daraus, dass der Anspruch aus § 812 Abs. 1 BGB auf Herausgabe des Erlangten gerichtet ist, die Klägerin hiermit bei einer Überweisung des Kaufpreises also nur Wertersatz in Höhe des Nennbetrags der Überweisung verlangen kann (vgl. § 818 Abs. 2 BGB). Eine Befreiung von den Darlehensverbindlichkeiten scheidet dagegen als Anspruchsziel aus. Denn aus dem Darlehensvertrag hat die Verkäuferin keine Ansprüche erlangt; sie war nicht Vertragspartei. An dieser Stelle kann also dahingestellt bleiben, ob der Klägerin ein Anfechtungsrecht wegen arglistiger Täuschung gemäß § 123 Abs. 1 BGB zustand. Zutreffend ist auch die Annahme des Berufungsgerichts, dass die Klägerin nicht nach § 437 Nr. 2, §§ 440, 323 und 326 Abs. 5 BGB zum Rücktritt von dem Kaufvertrag berechtigt war und nach § 437 Nr. 3, §§ 440, 280, 281, 283 und 311a BGB Schadensersatz verlangen kann, weil sie weder einen Sach- noch einen Rechtsmangel des Kaufobjekts geltend macht. Die Klägerin leitet Ansprüche nicht aus dem Zustand des Gebäudes ab, namentlich nicht aus einer von ihr nicht erkannten Sanierungsbedürftigkeit, sondern daraus, dass die Beklagten sie ihrer Ansicht nach nicht hinreichend über eine konkret drohende Sonderumlage in Höhe von bis zu 50 Mio. € aufgeklärt haben. Der Beschluss einer Gemeinschaft der Wohnungseigentümer (GdWE) über die Erhebung einer Sonderumlage ist weder eine Eigenschaft des Gebäudes noch - auch wenn er Zahlungspflichten des Teileigentümers gegenüber der GdWE begründet - ein Recht Dritter in Bezug auf den Kaufgegenstand i.S.v. § 435 Satz 1 BGB. Das Teileigentum wird durch einen solchen Beschluss nicht belastet und der Teileigentümer in seiner Nutzungs- und Verfügungsbefugnis nicht beschränkt.      

Rechtsfehlerhaft verneint das Berufungsgericht jedoch einen Schadensersatzanspruch der Klägerin gegen die Verkäuferin aus § 280 Abs. 1, § 311 Abs. 2 Nr. 1, § 241 Abs. 2 BGB. Ein solcher Anspruch kommt unter drei Gesichtspunkten in Betracht: wegen einer unzutreffenden Erklärung der Verkäuferin in dem notariellen Kaufvertrag, wegen einer unrichtigen oder unvollständigen Antwort der Verkäuferin auf Fragen der Klägerin sowie wegen einer unterbliebenen Aufklärung der Klägerin durch die Verkäuferin über einen offenbarungspflichtigen Umstand. Entgegen der Ansicht des Berufungsgerichts ist zunächst nicht ausgeschlossen, dass der Klägerin ein Schadensersatzanspruch wegen Verschuldens bei Vertragsschluss aufgrund einer unzutreffenden Erklärung der Verkäuferin in dem notariellen Kaufvertrag zusteht. Zwar muss bei Vertragsverhandlungen, in denen die Beteiligten entgegengesetzte Interessen verfolgen, nicht jeder Umstand, der für den anderen nachteilig sein könnte, offenbart werden. Macht der Verkäufer jedoch tatsächliche Angaben, die für den Kaufentschluss des anderen Teils von Bedeutung sein können, so müssen diese richtig sein, und zwar auch dann, wenn eine Offenbarungspflicht nicht bestand. Nicht zu beanstanden ist, dass das Berufungsgericht die Versicherung der Verkäuferin in § 4 Nr. 2 des Kaufvertrages, es sei mit Ausnahme der Dachsanierung kein Beschluss gefasst, aus dem sich eine künftig fällige Sonderumlage ergebe, als zutreffend bewertet. Der Beschluss vom 17. Mai 2006 regelte nur die Haftung einzelner Eigentümer für den Fall des Zahlungsausfalls der Mehrheitseigentümerin. Rechtsfehlerhaft ist indes die Begründung, mit der das Berufungsgericht einen Anspruch der Klägerin im Hinblick auf die Erklärung der Verkäuferin in § 4 Nr. 7, dass nach ihrer Kenntnis außergewöhnliche, durch die Instandhaltungsrücklage nicht gedeckte Kosten im laufenden Wirtschaftsjahr bisher nicht angefallen seien und auch nicht bevorstünden, ablehnt. Das Berufungsgericht versteht die von der Verkäuferin abgegebene Erklärung ersichtlich als sog. Wissenserklärung. Dies ist revisionsrechtlich nicht zu beanstanden, zumal die Erklärung nicht auf eine Beschaffenheit des Kaufobjekts bezogen ist. Die rechtliche Bedeutung einer Wissenserklärung oder Wissensmitteilung liegt darin, dass der Verkäufer gemäß § 280 Abs. 1, § 241 Abs. 2, § 311 Abs. 2 BGB dafür haftet, dass seine Angaben richtig und vollständig sind. Hier kommt in Betracht, dass die Erklärung als unvollständig anzusehen ist und die Verkäuferin dies zu vertreten hat. Aus den der Verkäuferin bekannten Protokollen der Versammlungen der Wohnungs- und Teileigentümer ging hervor, dass Kosten für anstehende bauliche Maßnahmen in Höhe von 50 Mio. € im Raum standen, die von der Instandhaltungsrücklage nicht gedeckt waren und deshalb - ggf. auch gerichtlich - gegenüber der Mehrheitseigentümerin geltend gemacht werden sollten. Damit war der Beschluss aus dem Jahre 2006, den das Berufungsgericht dahin versteht, dass die Mehrheitseigentümerin möglicherweise selbst die Arbeiten durchführen bzw. in Auftrag geben sollte, überholt. Denn die Eigentümer gingen bei der Beschlussfassung am 1. November 2016 ersichtlich davon aus, dass die GdWE die Maßnahmen durchführen und die Mehrheitseigentümerin (nur) wegen der Kosten in Anspruch genommen werden soll. Somit bestand das Risiko, dass bei einer erfolglosen Inanspruchnahme der Mehrheitseigentümerin im Innenverhältnis (auch) die übrigen Eigentümer für die Kosten aufkommen müssen. Vor diesem Hintergrund spricht viel dafür, die Erklärung der Verkäuferin, dass nach ihrer Kenntnis außergewöhnliche, durch die Instandhaltungsrücklage nicht gedeckte Kosten nicht bevorstünden, zumindest als unvollständig anzusehen, zumal diese Erklärung keine Einschränkung dahin enthält, dass sie sich lediglich auf „konkret“ bevorstehende Kosten bezieht. Sollte die Erklärung somit als falsch oder zumindest als unvollständig anzusehen sein, würde das Vertretenmüssen der Verkäuferin insoweit vermutet (§ 280 Abs. 1 Satz 2 BGB).

Ebenso wenig kann mit der Begründung des Berufungsgerichts ein Schadensersatzanspruch der Klägerin wegen einer unrichtigen oder unvollständigen Antwort der Verkäuferin auf Fragen der Klägerin ausgeschlossen werden. Der Verkäufer ist - wiederum unabhängig vom Bestehen einer Offenbarungspflicht - verpflichtet, Fragen des Käufers richtig und vollständig zu beantworten. Das Berufungsgericht lässt ausdrücklich offen, ob die Klägerin vor Abschluss des Kaufvertrages gefragt hat, ob und welcher Kostenanteil in Anbetracht des Sanierungsstaus womöglich auf sie zukomme, und ob die Verkäuferin hierauf geantwortet hat, ihre Büroeinheiten verfügten über eine Option zur Umwandlung in Wohneinheiten, bei denen eine Kostenbeteiligung an Instandhaltungs- und Sanierungsmaßnahmen, welche eigentlich nur die Ladeneigentümer beträfen, nicht vorgesehen sei. Für das Revisionsverfahren ist daher zu unterstellen, dass die Frage gestellt und auf diese Weise beantwortet wurde. Auf dieser Grundlage kann ein vorvertragliches Verschulden der Verkäuferin nicht mit Begründung verneint werden, der Klägerin sei vor Vertragsschluss bekannt gewesen, dass an dem Gebäudekomplex ein Bedarf an baulichen Sanierungsmaßnahmen in nicht unbedeutendem Umfang bestanden habe, und die Antwort der Verkäuferin habe der Klägerin zumindest einen Eindruck von der Größenordnung der sie etwa treffenden Kostenlast vermittelt. Denn die Antwort der Verkäuferin wäre zwar richtig, wenn die beschriebene Umwandlungsoption tatsächlich bestanden haben sollte. Sie wäre aber sowohl im Hinblick auf die ohne Umwandlung eintretende Kostenbelastung als auch im Hinblick auf den Kostenumfang unvollständig. Denn sie lässt keinen Rückschluss darauf zu, dass Kosten für anstehende bauliche Maßnahmen in Höhe von 50 Mio. € im Raum standen, die von der Instandhaltungsrücklage nicht gedeckt waren und deshalb - ggf. auch gerichtlich - gegenüber der Mehrheitseigentümerin geltend gemacht werden sollten, bei deren Ausfall aber im Innenverhältnis von allen Eigentümern aufzubringen wären. Eine Vervollständigung der Antwort durch das Nachreichen von Dokumenten - hier das Einstellen des Protokolls vom 1. November 2016, aus dem sich die bestehende Problematik und ihre Größenordnung hätten erkennen lassen, in den Datenraum - kommt jedenfalls dann nicht in Betracht, wenn hierdurch die auch ohne konkrete Nachfrage bestehende Aufklärungspflicht nicht erfüllt wird, etwa weil - wie hier - die Dokumente kurz vor der Beurkundung ohne gesonderten Hinweis in den Datenraum eingestellt werden.

Rechtsfehlerhaft ist schließlich auch die Annahme des Berufungsgerichts, die Verkäuferin habe hinsichtlich des Kostenumfangs für die anstehenden Sanierungsmaßnahmen keine sie treffende Aufklärungspflicht verletzt. Die Verkäuferin hätte die Klägerin auch ungefragt über den Kostenumfang aufklären müssen. Diese Pflicht ist nicht dadurch entfallen oder erfüllt worden, dass sie am 22. März 2019 das Protokoll der Eigentümerversammlung vom 1. November 2016 in den Datenraum eingestellt hat. Die Tatsache, dass Sanierungsmaßnahmen mit einem Kostenumfang von 50 Mio. € ausstanden, war ein offenbarungspflichtiger Umstand, über den die Verkäuferin die Klägerin hätte aufklären müssen. Bei Vertragsverhandlungen besteht zwar keine allgemeine Rechtspflicht, den anderen Teil über alle Einzelheiten und Umstände aufzuklären, die dessen Willensentschließung beeinflussen könnten. Vielmehr ist grundsätzlich jeder Verhandlungspartner für sein rechtsgeschäftliches Handeln selbst verantwortlich und muss sich deshalb die für die eigene Willensentscheidung notwendigen Informationen auf eigene Kosten und eigenes Risiko selbst beschaffen. Allerdings besteht auch bei Vertragsverhandlungen, in denen die Parteien entgegengesetzte Interessen verfolgen, für jeden Vertragspartner die Pflicht, den anderen Teil über Umstände aufzuklären, die den Vertragszweck des anderen vereiteln können und daher für seinen Entschluss von wesentlicher Bedeutung sind, sofern er die Mitteilung nach Treu und Glauben unter Berücksichtigung der Vertragsanschauung redlicherweise erwarten darf. Ein solcher Umstand kann auch dann vorliegen, wenn er geeignet ist, dem Vertragspartner erheblichen wirtschaftlichen Schaden zuzufügen. Nach diesem Maßstab musste die Verkäuferin die Klägerin - auch ungefragt - darüber aufklären, dass bauliche Maßnahmen am Gemeinschaftseigentum im Kostenumfang von bis zu 50 Mio. € ausstanden. Dieser Kostenumfang war für die Klägerin zweifelsohne von erheblicher Bedeutung. Dass er bei einer Besichtigung ohne Weiteres erkennbar war, ist nicht festgestellt und auch nicht ersichtlich. Es muss sich nicht (sämtlich) um Maßnahmen handeln, die aufgrund eines erkennbar schlechten Zustands des Gebäudes erforderlich sind, also um echte Instandhaltungs- oder Instandsetzungsmaßnahmen. Vielmehr kann es sich - zumindest teilweise - auch um eine beabsichtigte Modernisierung bzw. modernisierende Verbesserung handeln, wie der Begriff „Revitalisierung“ in dem Beschluss aus dem Jahre 2006 andeutet. Die Aufklärungspflicht der Verkäuferin galt auch unabhängig davon, dass diese Kosten vorrangig von der Mehrheitseigentümerin getragen werden sollten und eine Sonderumlage noch nicht beschlossen war. Denn solange die geplanten baulichen Maßnahmen nicht umgesetzt und bezahlt waren, bestand für die Klägerin als künftige Eigentümerin mehrerer Gewerbeeinheiten die konkrete Gefahr, dass die hierfür anfallenden Kosten anteilig von ihr getragen werden müssen.  

Diese Aufklärungspflicht ist nicht dadurch entfallen, dass die Verkäuferin das Protokoll der Eigentümerversammlung vom 1. November 2016 am 22. März 2019 in den Datenraum eingestellt hat und die Klägerin damit die Möglichkeit hatte, sich die Information selbst zu verschaffen. Die für den Käufer bestehende Möglichkeit, sich die Kenntnis von dem offenbarungspflichtigen Umstand selbst zu verschaffen, schließt die Pflicht des Verkäufers zur Offenbarung nicht von vornherein aus. So darf ein verständiger und redlicher Verkäufer zwar davon ausgehen, dass bei einer Besichtigung ohne Weiteres erkennbare Mängel auch dem Käufer ins Auge springen werden und deshalb eine gesonderte Aufklärung nicht erforderlich ist. Konstellationen, in denen dem Käufer auf andere Weise die Möglichkeit gegeben wird, sich die Kenntnis selbst zu verschaffen, stehen der Besichtigungsmöglichkeit aber nicht ohne Weiteres gleich. Mit Blick auf übergebene Unterlagen ist eine Gleichstellung nur dann gerechtfertigt, wenn ein Verkäufer aufgrund der Umstände die berechtigte Erwartung haben kann, dass der Käufer die Unterlagen nicht nur zum Zweck allgemeiner Information, sondern unter einem bestimmten Gesichtspunkt gezielt durchsehen wird. Solche Umstände liegen etwa vor, wenn der Verkäufer dem Käufer im Zusammenhang mit möglichen Mängeln ein Sachverständigengutachten überreicht. Dagegen kann ein Verkäufer nicht ohne Weiteres erwarten, dass der Käufer Finanzierungsunterlagen oder einen ihm übergebenen Ordner mit Unterlagen zu dem Kaufobjekt auf Mängel des Kaufobjekts durchsehen wird. Das gilt gleichermaßen, wenn es nicht um einen offenbarungspflichtigen Mangel, sondern um einen anderen offenbarungspflichtigen Umstand geht, etwa - wie hier - um die aus einer ausstehenden Sanierungsmaßnahme drohende Kostenlast für den Käufer. Diese Rechtsprechung ist sinngemäß auf den Fall zu übertragen, dass der Verkäufer einen Datenraum mit Unterlagen zu dem Kaufobjekt einrichtet und dem Käufer hierauf Zugriff gewährt. Allerdings wird in der Rechtsprechung und Literatur zum Unternehmenskauf mit unterschiedlichem Ergebnis diskutiert, ob die (durch die Einrichtung eines Datenraums ermöglichte) Durchführung einer Due Diligence - also einer Überprüfung des Kaufgegenstands in technischer, wirtschaftlicher und rechtlicher Hinsicht - durch den Käufer Auswirkungen auf die Aufklärungspflichten des Verkäufers hat, und wenn ja, welche. Nach Ansicht des Senats lässt sich die Frage, ob der Verkäufer eines bebauten Grundstücks mit der Einrichtung, Bestückung und Eröffnung eines (physischen oder virtuellen) Datenraums seiner Aufklärungspflicht gegenüber dem späteren Käufer hinsichtlich eines offenbarungspflichtigen, in dem Datenraum als Information vorhandenen Umstandes genügt, nicht allgemein und losgelöst von den Umständen des Einzelfalls beantworten. Im Grundsatz findet die Rechtsprechung des Senats zu übergebenen Unterlagen auf den Fall, dass der Verkäufer dem Käufer Zugriff auf Unterlagen in einem Datenraum gewährt, sinngemäße Anwendung. In beiden Fällen gilt gleichermaßen, dass es zwar nicht generell, aber im Einzelfall an einer Informationsasymmetrie zwischen Verkäufer und Käufer und damit an einem Bedürfnis für eine gesonderte Aufklärung fehlen kann. Der Umstand allein, dass der Verkäufer einen Datenraum einrichtet und den Kaufinteressenten den Zugriff auf die Daten ermöglicht, lässt aber angesichts der Vielgestaltigkeit der Abläufe in der Praxis nicht stets den Schluss zu, dass der Käufer den offenbarungspflichtigen Umstand zur Kenntnis nehmen wird. Ist allerdings im Einzelfall die Erwartung gerechtfertigt, dass der Käufer bestimmte, von dem Verkäufer in dem Datenraum bereit gestellte Informationen - etwa im Rahmen einer Due Diligence - wahrnehmen und in seine Kaufentscheidung einbeziehen wird, ist eine gesonderte Aufklärung durch den Verkäufer nicht erforderlich. Der Verkäufer eines bebauten Grundstücks, der dem Käufer Zugriff auf einen Datenraum mit Unterlagen und Informationen zu der Immobilie gewährt, erfüllt hierdurch seine Aufklärungspflicht, wenn und soweit er aufgrund der Umstände die berechtigte Erwartung haben kann, dass der Käufer durch Einsichtnahme in den Datenraum Kenntnis von dem offenbarungspflichtigen Umstand erlangen wird.

Ob der Verkäufer die berechtigte Erwartung haben kann, dass der Käufer durch Einsichtnahme in den Datenraum Kenntnis von einem offenbarungspflichtigen Umstand erlangen wird, hängt somit von den Umständen des Einzelfalls ab, etwa davon, ob und in welchem Umfang der Käufer eine Due Diligence durchführt, wie der Datenraum und der Zugriff hierauf strukturiert und organisiert sind und welche Vereinbarungen hierzu getroffen wurden sowie welcher Art die Information ist, um deren Offenbarung es geht, und die Unterlage, in der sie enthalten ist. Im Ausgangspunkt kann der Verkäufer einer Immobilie, der einen Datenraum eingerichtet hat, von dem Käufer, der eine Due Diligence durchführt, eher erwarten, dass er die zur Verfügung gestellten bzw. dem Zugriff eröffneten Unterlagen vollständig durchsehen und deren jeweilige Bedeutung für seine Kaufentscheidung überprüfen wird, als von einem Käufer, der keine Due Diligence durchführt. Dies gilt insbesondere, wenn der Käufer bei der Durchführung der Due Diligence von Experten unterstützt und beraten wird. Der Verkäufer kann allerdings nicht ohne weiteres davon ausgehen, dass eine Due Diligence durchgeführt wird. Denn auch wenn der Käufer für sein rechtsgeschäftliches Handeln selbst verantwortlich ist und sich deshalb die für die eigene Willensentscheidung notwendigen Informationen auf eigene Kosten und eigenes Risiko selbst beschaffen muss, trifft ihn von Gesetzes wegen keine Pflicht oder Obliegenheit, vor dem Kauf einer Immobilie eine Due Diligence durchzuführen, geschweige denn zu einer solchen Prüfung Experten hinzuziehen. Die Untersuchungsobliegenheit beim beiderseitigen Handelskauf nach § 377 Abs. 1 HGB greift erst nach Ablieferung der Sache; zudem findet die Vorschrift auf Grundstücksgeschäfte keine Anwendung. Eine Obliegenheit des Käufers zur Durchführung einer Due Diligence könnte sich daher - wenn hierzu keine ausdrückliche Vereinbarung getroffen wurde - allenfalls aus einem Handelsbrauch (§ 346 HGB) oder einer Verkehrssitte ergeben. Ob eine Verkehrssitte besteht, ist allerdings keine Rechts-, sondern eine Tatfrage.  

Führt der Käufer eine Due Diligence durch, was der Verkäufer nach allgemeinen Grundsätzen darzulegen und ggf. zu beweisen hat, ist neben etwaigen vertraglichen Vereinbarungen von Käufer und Verkäufer zum Ablauf der Due Diligence zu berücksichtigen, wie viele Personen mit welcher Qualifikation die Prüfung nach Kenntnis des Verkäufers durchführen, insbesondere ob der Käufer nach dem Kenntnisstand des Verkäufers Berater mit Sachkunde in dem Fachbereich hinzugezogen hat, aus dem die Information stammt. Weiter sind, gleich ob eine Due Diligence durchgeführt wird, die tatsächlichen Umstände der Einrichtung und Nutzung des Datenraums zu berücksichtigen. Es kommt etwa auf den Umfang der dort eingestellten Informationen an, sowie darauf, ob diese zutreffend benannt und systematisch geordnet sind, ob es ein Inhaltsverzeichnis oder eine Suchfunktion gibt, ob der Käufer auf nachträglich eingestellte Informationen gesondert hingewiesen wird, welches Zeitfenster ihm für die Überprüfung der Informationen zur Verfügung steht, und ob der Käufer die Information gesondert angefordert bzw. zum Ausdruck gebracht hat, dass es für ihn auf einen Umstand besonders ankommt. Für die berechtigte Erwartung des Verkäufers, dass der Käufer eine Information selbst auffinden wird, wenn sie für ihn von Interesse ist, spielt zudem dessen - dem Verkäufer bekannte - Geschäftsgewandtheit eine Rolle. Von besonderer Bedeutung ist schließlich der Umstand selbst, um dessen Aufklärungsbedürftigkeit es geht. Handelt es sich etwa um einen Umstand, der - für den Verkäufer erkennbar - für den Käufer von ganz erheblicher Bedeutung ist, etwa weil er den Vertragszweck vereiteln oder dem Käufer ganz erheblichen wirtschaftlichen Schaden zufügen kann, und ist der Umstand aus den bereitgestellten Daten nicht ohne Weiteres erkennbar, dem Verkäufer aber bekannt und unschwer zu offenbaren, dann kann der Käufer regelmäßig einen gesonderten Hinweis erwarten. Der Verkäufer darf in diesem Fall nicht sehenden Auges abwarten, ob der Käufer die nur schwer erkennbare Information aus den bereitgestellten Daten ermittelt, sondern muss diese trotz Due Diligence kommunizieren. Ob der Umstand aus den bereitgestellten Daten ohne Weiteres erkennbar ist, kann auch davon abhängen, in welcher (Art von) Unterlage und an welcher Stelle innerhalb der Unterlage die Information vorhanden ist, namentlich ob es sich um ein Dokument handelt, das ein Käufer vor dem Erwerb einer Immobilie im Regelfall auch ohne - oder im Rahmen der dem Verkäufer kommunizierten - besondere Interessen an Einzelaspekten des Objekts durchsehen wird. Dies kann wiederum davon abhängen, wie geschäftsgewandt der Käufer ist und ob er von sachkundigen Personen beraten wird. Vorliegend hat die Verkäuferin ihre Aufklärungspflicht hinsichtlich des Kostenumfangs der anstehenden baulichen Maßnahmen nicht dadurch erfüllt, dass sie das Protokoll der Eigentümerversammlung vom 1. November 2016 am 22. März 2019 in den Datenraum eingestellt hat, ohne die Klägerin hierüber in Kenntnis zu setzen. Die Verkäuferin konnte nicht die berechtigte Erwartung haben, dass die Klägerin die in dem Protokoll enthaltenen Informationen noch vor Vertragsschluss zur Kenntnis nimmt. Die Klägerin hatte ohne gesonderten Hinweis auf das neu eingestellte Dokument keinen Anlass, in dem Zeitfenster zwischen dem Einstellen des Protokolls am Freitag, den 22. März 2019, und dem Notartermin am Montag, den 25. März 2019, um 10 Uhr noch einmal Einsicht in den Datenraum zu nehmen. Auch wenn keine Frist für das Einstellen von Dokumenten in den Datenraum vereinbart war, musste die Klägerin am letzten Arbeitstag vor dem Notartermin nicht mehr mit neu eingestellten Dokumenten rechnen.  

Eine Aufklärungspflichtverletzung der Verkäuferin lässt sich auch nicht mit dem Argument des Berufungsgerichts verneinen, die Klägerin habe dem in dem Protokoll vom 1. August 2017 enthaltenen Hinweis auf die Eigentümerversammlung vom 1. November 2016 selbst nachgehen müssen. Richtig daran ist, dass auch ein durchschnittlicher Käufer einer Wohnungs- oder Teileigentumseinheit, der keine besonderen Kenntnisse auf dem Gebiet des Immobilienerwerbs hat, sich üblicherweise von dem Verkäufer zumindest die Protokolle der Eigentümerversammlungen der letzten drei Jahre vorlegen lassen und diese darauf durchsehen wird, ob sich hieraus Anhaltspunkte für anstehende umfangreichere Instandhaltungs- oder Sanierungsmaßnahmen ergeben. Es kommt daher durchaus in Betracht, dass die Klägerin die Obliegenheit traf, das dem Verkaufsexposé beigefügte Protokoll der Versammlung vom 1. August 2017 vollständig zu lesen und sich aufgrund des dort enthaltenen Hinweises auf die Versammlung vom 1. November 2016 von der Verkäuferin auch das Protokoll dieser Versammlung vorlegen zu lassen. Ein etwaiger Verstoß der Klägerin gegen eine sie insoweit möglicherweise treffende Erkundigungsobliegenheit wirkt sich aber nicht unmittelbar auf die Aufklärungspflicht der Verkäuferin aus, sondern könnte allenfalls die Annahme eines Mitverschuldens der Klägerin für die Entstehung des Schadens im Rahmen der Haftung der Verkäuferin nach § 280 Absatz 1, § 311 Absatz 2 Nummer 1, § 241 Absatz 2 BGB begründen. Die Aufklärungspflicht der Verkäuferin wäre hingegen nur dann erfüllt, wenn diese aufgrund der Umstände die berechtigte Erwartung haben konnte, dass die Klägerin durch Einsichtnahme in den Datenraum Kenntnis von dem offenbarungspflichtigen Umstand erlangen wird. Das ist aber ausgeschlossen, weil das Protokoll der Versammlung vom 1. November 2016, aus dem die aufklärungsbedürftige Information hervorgeht, der Klägerin in einer Weise zur Verfügung gestellt wurde, dass mit einer Kenntnisnahme von vornherein nicht (mehr) zu rechnen war. Ebenso wenig ist die Aufklärungspflicht der Verkäuferin deshalb als erfüllt anzusehen, weil die Klägerin bei Durchsicht aller ihr zugänglichen Unterlagen Anhaltspunkte für eine anstehende Ertüchtigung der Fassade und Umgestaltung des Gebäudekomplexes auf zwei Ebenen hätte haben können. Denn die Klägerin hatte ihrem Vortrag zufolge konkret nach der auf sie wegen anstehender baulicher Maßnahmen möglicherweise zukommenden Kostenlast gefragt und von der Verkäuferin eine zumindest unvollständige Antwort erhalten. Ob die Klägerin eine Obliegenheit zu weiteren Nachfragen hinsichtlich bevorstehender Kosten getroffen hätte, wenn sie besonders geschäftsgewandt und sachkundig auf dem Gebiet des Immobilienerwerbs wäre oder wenn sie eine umfangreiche Due Diligence unter Hinzuziehung qualifizierter Berater durchgeführt hätte, kann dahinstehen, weil auch hierzu keine Feststellungen getroffen wurden. Zudem könnte – wie bereits ausgeführt – selbst die Annahme einer solchen Obliegenheit allenfalls zu einem Mitverschulden der Klägerin führen, nicht aber dazu, dass die Aufklärungspflicht der Verkäuferin als erfüllt anzusehen wäre.  

Soweit die Berufung gegen die Abweisung der Klage gegen den Beklagten zu 2 zurückgewiesen worden ist, ist die Revision ebenfalls ganz überwiegend begründet. Das Berufungsgericht verneint allerdings im Ergebnis zu Recht die Begründetheit des Antrags auf Feststellung des Annahmeverzugs des Beklagten zu 2. Den übrigen Anträgen – Befreiung von den Darlehensverbindlichkeiten, Zahlung von 184.551,82 € und Feststellung der Ersatzpflicht für künftige Schäden – kann der Erfolg nicht mit der von dem Berufungsgericht gegebenen Begründung versagt werden. Das Berufungsgericht nimmt zwar zu Recht an, dass sich die Klägerin insoweit nicht auf einen Schadensersatzanspruch aus § 280 Absatz 1, § 311 Absatz 3, § 241 Absatz 2 BGB stützen kann. Denn der Beklagte zu 2 hat selbst nach dem für das Revisionsverfahren zu unterstellenden Vortrag der Klägerin nicht in besonderem Maße persönliches Vertrauen in Anspruch genommen. Insbesondere dessen etwaig als Geschäftsführer der ehemaligen Verwalterin der GdWE erlangten Kenntnisse von den Beschlüssen der Wohnungs- und Teileigentümer können eine über das gewöhnliche Verhandlungsvertrauen hinausgehende Vertrauensbeziehung nicht begründen. Das Berufungsgericht verneint jedoch rechtsfehlerhaft deliktische Schadensersatzansprüche aus § 823 Absatz 2 BGB iVm. § 263 Absatz 1 StGB oder § BGB § 826 BGB. Wie bereits ausgeführt kann eine Aufklärungspflichtverletzung mit der von dem Berufungsgericht gegebenen Begründung nicht verneint werden. Für das Revisionsverfahren ist zu unterstellen, dass der Beklagte zu 2 auf die Nachfrage der Klägerin die behauptete (unvollständige) Antwort gegeben hat.

Kontext der Entscheidung

Die bisherige überwiegende Auffassung ging davon aus, dass die Durchführung einer Due Diligence den Umfang der Aufklärungspflichten des Verkäufers zwar nicht generell, aber im Einzelfall reduzieren könne. Dabei nehmen einige Autoren an, dass der Verkäufer mit der Zurverfügungstellung von Unterlagen in einem Datenraum in der Regel seinen Aufklärungspflichten nachkomme, da er im Normalfall die vollständige Durchsicht des Datenraums erwarten könne (BGH, Urteil vom 15. September 2023 – V ZR 77/22 –, Rn. 31, mwN.). Nach anderer Ansicht soll die Durchführung einer Due Diligence keine Auswirkungen auf die Aufklärungspflichten des Verkäufers haben (BGH, Urteil vom 15. September 2023 – V ZR 77/22 –, Rn. 32, mwN.). Die vom V. Zivilsenat gefundene Lösung, dass sich die Frage, ob der Verkäufer eines bebauten Grundstücks mit der Einrichtung, Bestückung und Eröffnung eines (physischen oder virtuellen) Datenraums seiner Aufklärungspflicht gegenüber dem späteren Käufer hinsichtlich eines offenbarungspflichtigen, in dem Datenraum als Information vorhandenen Umstandes genügt, nicht allgemein und losgelöst von den Umständen des Einzelfalls beantworten lässt, stellt eine konsequente Fortentwicklung der bisherigen Rechtsprechung des Senats dar. Danach erfüllt mit der Übergabe von Unterlagen ein Verkäufer seine Aufklärungspflicht nur dann, wenn er aufgrund der Umstände die berechtigte Erwartung haben kann, dass der Käufer die Unterlagen nicht nur zum Zweck allgemeiner Information, sondern unter einem bestimmten Gesichtspunkt gezielt durchsehen wird. Solche Umstände liegen etwa vor, wenn der Verkäufer dem Käufer im Zusammenhang mit möglichen Mängeln ein Sachverständigengutachten überreicht. Ein verständiger und redlicher Verkäufer kann dagegen nicht erwarten, dass ein Käufer Finanzierungsunterlagen oder einen ihm übergebenen Ordner mit Unterlagen zu dem Kaufobjekt darauf durchsieht, ob in die Einfriedung des Grundstücks möglicherweise fremder Grund einbezogen wurde. Dies gilt hier umso mehr, als die Klägerin aufgrund des ausdrücklichen Hinweises in der Objekt- und Lagebeschreibung auf die Umfriedung des Grundstücks mit Zaun und Eingangstor ersichtlich keinen Grund für die Annahme hatte, dass in diese Teile des Nachbargrundstücks einbezogen sein könnten, und sie daher erkennbar auch keinen Anlass hatte, die Frage des Grenzverlaufs einer näheren Prüfung zu unterziehen (BGH, Urteil vom 11. November 2011 – V ZR 245/10 –, Rn. 7, mwN.). Konsequent wird daher dem Berufungsgericht aufgegeben, weitere Feststellungen zu dem Inhalt der Vereinbarungen und den tatsächlichen Umständen der Einrichtung und Nutzung des Datenraums zu treffen (Rn. 55).

Auswirkungen für die Praxis

Sollte, wie die Beklagte behauptet, der Klägerin das Protokoll der Eigentümerversammlung vom 1. November 2016 schon vor dem Einstellen in den Datenraum gesondert übersandt worden sein, hängt es von den Umständen des Einzelfalls ab, ob hierin die Erfüllung der Aufklärungspflicht bezüglich des Kostenaufwandes für die anstehenden Sanierungsmaßnahmen zu sehen ist. Grundsätzlich wäre von einer Erfüllung der Aufklärungspflicht der Verkäuferin auszugehen, wenn der Klägerin das Protokoll gesondert übersandt worden sein sollte. Anders kann es aber liegen, wenn das Protokoll ohne Hinweis auf seine besondere Bedeutung zusammen mit sämtlichen Protokollen seit dem Jahr 2007 übersandt worden sein sollte. Dann wäre es eine Frage der Gesamtumstände, etwa der für die Durchsicht aller Unterlagen zur Verfügung stehenden Zeit, der Sachkunde der Klägerin bzw. ihrer Berater usw., ob die Verkäuferin mit einer Kenntnisnahme durch die Klägerin rechnen konnte. Hierbei wäre allerdings davon auszugehen, dass Zeitknappheit allein eine an sich berechtigte Erwartung des Verkäufers, der Käufer werde die Information zur Kenntnis nehmen, nicht beseitigt. Ist der Käufer der Ansicht, für die – sorgfältige – Durchsicht übergebener bzw. in den Datenraum eingestellter Unterlagen mehr Zeit zu benötigen, ist es – vorbehaltlich etwaiger hierzu getroffener Vereinbarungen – grundsätzlich an ihm, den Verkäufer hierauf hinzuweisen und ggf. um eine Verlängerung der Prüfungsfristen und um eine Verlegung des Notartermins zu bitten (BGH, Urteil vom 15. September 2023 – V ZR 77/22 –, Rn. 57). Sollte die Aufklärungspflicht nicht erfüllt worden sein, wäre die Ursächlichkeit der Pflichtverletzung für den Vertragsschluss zugunsten der Klägerin zu vermuten und – anders als das Berufungsgericht meint – die Verkäuferin darlegungs- und beweispflichtig dafür, dass der Schaden auch bei pflichtgemäßem Verhalten eingetreten wäre (BGH, Urteil vom 15. Juli 2016 - V ZR 168/15 – Rn. 9). Verbindlichkeiten aus dem zur Finanzierung des Kaufpreises eingegangenen Darlehensvertrags wären Teil des zu ersetzenden Vertrauensschadens (BGH, Urteil vom 6. April 2001 – V ZR 402/99).

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