BGH: Bauträgervergütungsanspruch verjährt erst in 10 Jahren!

23.1.2024
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Verpflichtet sich der Veräußerer eines Grundstücksanteils in einem Bauträgervertrag zur Errichtung einer Eigentumswohnung, verjährt sein einheitlich für Grundstücksanteil und Eigentumswohnung vereinbarter Vergütungsanspruch gemäß § 196 BGB in zehn Jahren.

BGH, Urteil vom 7. Dezember 2023 – VII ZR 231/22

1. Problemstellung

Der VII. Zivilsenat des BGH hatte zu entscheiden, ob der Vergütungsanspruchs des Bauträgers in der Regelverjährungsfrist des § 195 BGB verjährt oder der speziellen Verjährungsfrist bei Rechten an einem Grundstück von 10 Jahren (§ 196 BGB) unterliegt.

2. Inhalt und Gegenstand der Entscheidung

Mit notariellem Bauträgervertrag vom 26. Februar 2013 veräußerte die Klägerin an die Beklagten zwei Miteigentumsanteile an einer von der Klägerin auf klägerischem Grundbesitz zu errichtenden Anlage, verbunden mit dem Sondereigentum an einer näher bezeichneten Wohnung und dem Sondereigentum an einem näher bezeichneten PKW-Abstellplatz im Untergeschoss, zum Preis von insgesamt 448.900 €. Der Vertrag enthält einen Ratenplan, nach dem der Kaufpreis in sieben vom Baufortschritt abhängigen Raten zu zahlen ist. Die Schlussrate von 3,5 % des vereinbarten Preises (= 15.711,50 €) ist vertragsgemäß nach vollständiger Fertigstellung zu zahlen. Am 20. Juni 2014 führte die Klägerin unter Beteiligung der Beklagten eine Begehung der Wohnung durch. Dabei wurde ein von den Anwesenden unterzeichnetes Abnahmeprotokoll erstellt, in dem 27 Beanstandungen aufgeführt wurden. In diesem Protokoll heißt es unter anderem: "Die Übergabe/Abnahme erfolgt gemäß des Kaufvertrags vom 26.02.2013; UR Nr.." Am 6. November 2014 erklärten die Beklagten die Abnahme des Gemeinschaftseigentums - rückwirkend zum 23. Juni 2014 - ohne Außenanlagen und Tiefgarage und - rückwirkend zum 11. Juli 2014 - die Abnahme hinsichtlich Außenanlagen und Tiefgarage. Mit Bautenstandsmeldung vom 21. November 2014 erklärte die Klägerin, das Objekt vollständig fertiggestellt zu haben. Mit Schreiben vom 24. November 2014 teilte die Klägerin den Beklagten mit, dass der Bautenstand "vollständige Fertigstellung" erreicht sei, und forderte diese zur Zahlung der letzten noch offenen Rate in Höhe von 15.711,50 € auf. Mit Schreiben vom 8. Dezember 2014 wiesen die Beklagten die Rechnung wegen Baumängeln zurück.

Die Klägerin hat gegen die Beklagten mit bei Gericht am 28. Dezember 2017 eingegangenem Antrag den Erlass eines Mahnbescheids begehrt. Gegen den den Beklagten am 3. Januar 2018 zugestellten Mahnbescheid vom 29. Dezember 2017 haben diese am 11. Januar 2018 Widerspruch erhoben, worüber die Klägerin am 15. Januar 2018 informiert worden ist. Die Beklagten haben zunächst auf die Erhebung der Einrede der Verjährung bis zum 31. Dezember 2018 verzichtet. Nach Eingang des Kostenvorschusses am 28. Dezember 2018 ist der Rechtsstreit am 2. Januar 2019 an das Landgericht abgegeben worden. Die Anspruchsbegründung der Klägerin vom 24. September 2020 ist den Beklagten am 5. Februar 2021 zugestellt worden. Die Beklagten haben die Einrede der Verjährung erhoben. Daneben berufen sie sich auf ein Zurückbehaltungsrecht wegen der von ihnen gerügten Mängel, deren Beseitigungsaufwand sie unter Berücksichtigung eines anzusetzenden Druckzuschlags auf 33.545,51 € beziffern. Die Klägerin hat eine Minderung ihrer Vergütung wegen Mängeln in Höhe von 200 € anerkannt und diesen Betrag von der Schlussrate in Abzug gebracht. Im Übrigen ist sie der Auffassung, dass die erhobenen Mängelrügen kein Zurückbehaltungsrecht, jedenfalls nicht in Höhe der Klageforderung, rechtfertigten. Das Landgericht hat die Klage abgewiesen. Die hiergegen gerichtete Berufung der Klägerin hat das Berufungsgericht zurückgewiesen. Die Restvergütungsforderung der Klägerin sei verjährt. Sie unterliege der regelmäßigen Verjährungsfrist, die gemäß § 195 BGB drei Jahre betrage. Auch wenn die streitgegenständliche Forderung Teil des Entgelts dafür sei, dass die Klägerin den Beklagten Eigentum an einem Grundstück zu übertragen habe, und die errichtete Wohnung "lediglich" wesentlicher Bestandteil des Miteigentumsanteils sei, richte sich die Verjährung nicht nach § 196 BGB. Die Forderung sei nicht nur die Gegenleistung für die Übertragung des Miteigentumsanteils, sondern auch für die Erbringung von Bauleistungen. Deshalb sei die Vergütungsforderung nicht aufteilbar in eine für die Eigentumsübertragung sowie eine für die Bauleistung, weshalb die Verjährung einheitlich nach der Leistung zu beurteilen sei, die bei weitem überwiege und das Vertragsverhältnis charakterisiere. Der Charakter des zwischen den Parteien geschlossenen Vertrags über den Kauf der noch zu errichtenden Eigentumswohnung werde durch den Bau der Wohnung geprägt. Die Vergütung der Klägerin sei zumindest teilweise im Werkvertragsrecht geregelt, § 631 BGB. Die Klägerin habe den Miteigentumsanteil mit der fertig errichteten Wohnung zu übertragen gehabt.  

Die Revision der Klägerin hat Erfolg; sie führt zur Aufhebung des angefochtenen Urteils und zur Zurückverweisung der Sache an das Berufungsgericht. Der Anspruch der Klägerin auf Zahlung der restlichen Vergütung aus dem Bauträgervertrag unterliegt der zehnjährigen Verjährungsfrist gemäß § 196 BGB und ist noch nicht verjährt. Im Ausgangspunkt zu Recht hat das Berufungsgericht angenommen, dass die vereinbarte Bauträgervergütung nicht aufteilbar ist in einen Kaufpreis für die Grundstücksanteile einerseits und eine Vergütung für die Bauleistungen andererseits. Bei einem Bauträgervertrag handelt es sich um einen einheitlichen Vertrag, der neben werkvertraglichen auch (soweit der Grundstückserwerb in Rede steht) kaufvertragliche Elemente enthält. Grundsätzlich ist bei Bauträgerverträgen hinsichtlich der Errichtung des Bauwerks Werkvertragsrecht, hinsichtlich der Übertragung des Eigentums an dem Grundstück hingegen Kaufrecht anzuwenden( siehe nunmehr auch § 650u Abs. 1 BGB in der seit dem 1. Januar 2018 geltenden, im Streitfall zeitlich noch nicht anwendbaren Fassung). Eine Aufteilung der Bauträgervergütung in einen Kaufpreis für das Grundstück einerseits und eine Vergütung für die Bauleistungen andererseits kommt allenfalls dann in Betracht, wenn die Parteien eine derartige Aufteilung vereinbaren. Eine derartige vertragliche Aufteilung haben die Parteien nicht vorgenommen, weshalb der Anspruch der Klägerin eine einheitliche Vergütung mit der Folge zum Gegenstand hat, dass der Vergütungsanspruch nur einheitlich verjähren kann.    

Für den einheitlichen Vergütungsanspruch des Bauträgers gilt jedoch entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts nicht die dreijährige Regelverjährungsfrist gemäß § 195 BGB, sondern die zehnjährige Verjährungsfrist gemäß § 196 BGB. In Rechtsprechung und Literatur ist umstritten, nach welchen Vorschriften sich die Verjährung dieses Anspruchs richtet. Nach einer Auffassung unterliegt er der dreijährigen Regelverjährungsfrist gemäß § 195 BGB (Nachweise in Rn. 24). Nach anderer, überwiegend vertretener Auffassung (Nachweise in Rn. 25) gilt für den Anspruch insgesamt die zehnjährige Verjährungsfrist gemäß § 196 BGB. Die letztgenannte Auffassung ist zutreffend. § 196 BGB ist dahin auszulegen, dass die in dieser Vorschrift geregelte Verjährungsfrist für den einheitlichen Vergütungsanspruch des Bauträgers aus einem Bauträgervertrag gilt. Nach § 196 BGB verjähren Ansprüche auf Übertragung des Eigentums an einem Grundstück sowie auf Begründung, Übertragung oder Aufhebung eines Rechts an einem Grundstück oder auf Änderung des Inhalts eines solchen Rechts sowie die Ansprüche auf die Gegenleistung in zehn Jahren. § 196 BGB verdrängt insoweit als speziellere gesetzliche Regelung die Vorschrift des § 195 BGB. Die Vorschrift des § 195 BGB stellt innerhalb des Verjährungsrechts die Grundnorm dar. Sie ist jedoch nur anwendbar, wenn sie nicht durch eine speziellere Regelung verdrängt wird. § 196 BGB stellt eine solche speziellere Verjährungsregelung dar. Diese spezielle Verjährungsregelung ist auch auf den Vergütungsanspruch des Bauträgers anwendbar. Allein aus dem Wortlaut des § 196 BGB kann allerdings nicht eindeutig geschlossen werden, dass der Vergütungsanspruch des Bauträgers nach dieser Vorschrift verjährt. Denn die dem Bauträger zustehende Vergütung stellt sowohl die Gegenleistung für die von ihm geschuldete Übertragung des Eigentums und damit eine Gegenleistung im Sinne des § 196 BGB als auch die Gegenleistung für die von ihm geschuldete Errichtung des Bauwerks dar. Die Verpflichtung zur Errichtung eines Bauwerks und die Gegenleistung hierfür werden indes vom Wortlaut des § 196 BGB nicht erfasst. Gleichwohl ist es aus systematischen und teleologischen Gesichtspunkten gerechtfertigt, § 196 BGB als speziellere Regelung auf den Vergütungsanspruch des Bauträgers anzuwenden. Da es sich bei dem Vergütungsanspruch des Bauträgers um einen einheitlichen Anspruch handelt, der folglich einer einheitlichen Verjährung unterliegt, kann sich die Verjährung dieses Anspruchs nur entweder nach § 196 BGB oder nach § 195 BGB richten. Aus den Gesetzesmaterialien zu § 196 BGB (BT-Drucks. 14/7052 S. 179) ergibt sich, dass der Gesetzgeber mit der Einbeziehung der Ansprüche auf die Gegenleistung in § 196 BGB über die dieser Vorschrift bereits unterfallenden Ansprüche auf Übertragung des Eigentums an einem Grundstück hinaus ein in der Sache nicht gerechtfertigtes Ergebnis vermeiden wollte, das bestehen könnte, wenn derartige Verträge bei Geltung der Regelverjährungsfrist für die Ansprüche auf die Gegenleistung nicht beendet werden könnten. Diese Erwägung greift ebenfalls bei Bauträgerverträgen. Da der einheitliche Vergütungsanspruch des Bauträgers jedenfalls auch eine Gegenleistung für die von ihm - neben der Bauwerkserrichtung - geschuldete Übertragung des Eigentums an dem Grundstück und damit eine Gegenleistung im Sinne des § 196 BGB darstellt, ist es gerechtfertigt, insoweit einheitlich die speziellere Verjährungsregelung des § 196 BGB anzuwenden. Gegen diese Beurteilung kann nicht eingewendet werden, dass es sich bei dem Vergütungsanspruch um einen Anspruch aus einem Mischvertrag handelt, bei dem die vom Bauträger geschuldete Übertragung des Eigentums an dem Grundstück gegenüber der Bauwerkserrichtung von derart untergeordneter Bedeutung für das Vertragsverhältnis ist, dass § 196 BGB auf den Vergütungsanspruch nicht angewendet werden könnte. Vielmehr ist die Übertragung des Eigentums an dem Grundstück bei einem Bauträgervertrag von wesentlichem Interesse für den Erwerber. Der Anspruch des Erwerbers ist auf Übertragung des Grundstücks mit dem zu errichtenden Bauwerk gerichtet. Das Bauwerk wird mit seiner Errichtung wesentlicher Bestandteil des Grundstücks (§ 94 Abs. 1 Satz 1 BGB). Das Eigentum an dem Grundstück erstreckt sich daher auch auf das Eigentum an dem Bauwerk (§ 946 BGB). Die mit der einheitlichen Vergütung abgegoltenen Leistungen - auch die Leistungen betreffend die Bauwerkserrichtung - haben danach für den Erwerber keinen nachhaltigen Wert, wenn er nicht Eigentümer des Grundstücks wird. Unter Berücksichtigung der vorstehenden Grundsätze ist der Anspruch der Klägerin nicht verjährt.  

3. Kontext der Entscheidung

Der VII. Zivilsenat hatte 1978 schon einmal darüber zu befinden, in welcher Frist der Vergütungsanspruch des Veräußerer eines Grundstücksanteils aus einem Vertrag zur Herstellung einer Eigentumswohnung verjährt. Nach dem damals geltenden Recht verjährten Forderungen von Kaufleuten für die Ausführung von Arbeiten und die Besorgung fremder Geschäfte in zwei Jahren (§ 196 Absatz 1 Nr. 1 BGB a.F.). Dagegen galt für den Anspruch auf Zahlung des Grundstückskaufpreises die 30jährige Verjährungsfrist des § 195 BGB. Der Senat hat seinerzeit entschieden, dass der einheitlich für Grundstücksanteil und Eigentumswohnung vereinbarte Vergütungsanspruch gemäß § 196 Absatz 1 Nr. 1 BGB in zwei Jahren verjährt (BGH, Urteil vom 12. Oktober 1978 – VII ZR 288/77). Begründet hat der Senat das damit, dass die Verjährung für aus verschiedenen Leistungselementen bestehende Mischverträge nach den Leistungen zu beurteilen sei, die „bei weitem überwiegen und dem Vertragsverhältnis seine charakteristische Note geben“. Das sei der Bau der Wohnung. Stünden schon bei einem Einfamilienhaus die Bauarbeiten regelmäßig gegenüber der Grundstücksverschaffung wirtschaftlich im Vordergrund, so gelte das in weitaus größerem Maße für eine Eigentumswohnung. Auf eine Vereinbarung, wonach der Veräußerer auf seinem Grundstück ein Gebäude errichten und das bebaute Grundstück dem Erwerber sodann übereignen soll, sei zum Teil Kaufrecht, zum Teil Werkvertragsrecht anzuwenden. Der Vergütungsanspruch richte sich nach §§ 631, 632 BGB. Das Gesetz behandele ihn wie eine gewöhnliche Werklohnforderung sehe die Vergütung vorwiegend als Gegenleistung für die Herstellung des Werks an (BGH, Urteil vom 12. Oktober 1978 – VII ZR 288/77 – , Rn. 17 - 19). Daraus folge, dass der Anspruch des Unternehmers wie ein Werklohnanspruch verjähre (BGH, Urteil vom 12. Oktober 1978 – VII ZR 288/77 –, Rn. 20). Diese Rechtsprechung hat der Senat sodann fortgeführt. So hat er 1987 entschieden, dass der Anspruch eines Bauträgers auf Erstattung von Erschließungskosten nach § 196 Absatz 1 Nr. 1 BGB verjährt, gleichviel ob solche Kosten im Erwerbsvertrag gesondert ausgewiesen oder in einem einheitlich vereinbarten Entgelt enthalten sind (BGH, Urteil vom 5. November 1987 – VII ZR 364/86). Es existierte somit vor der Schuldrechtsreform eine gefestigte Rechtsprechung zur Verjährung des Vergütungsanspruchs aus einem Bauträgervertrag. Mit der Schuldrechtsreform ist das Verjährungsrecht einschneidend geändert worden. Der frühere § 195 BGB a.F. bestimmte eine Verjährungsfrist von 30 Jahren als regelmäßige Verjährungsfrist. Die in zahlreichen gesetzlichen Vorschriften vorgesehenen kürzeren Verjährungsfristen ließen diese lange Verjährungsfrist indes zur Ausnahme werden (Schmidt-Räntsch in: Erman, BGB, 17. Aufl. 2023, Vorbemerkung vor § 194 Rn. 3 mwN). Nach der Schuldrechtsreform beträgt die regelmäßige drei Jahre (§ 195 BGB). Ansprüche auf Übertragung des Eigentums an einem Grundstück sowie auf Begründung, Übertragung oder Aufhebung eines Rechts an einem Grundstück oder auf Änderung des Inhalts eines solchen Rechts sowie die Ansprüche auf die Gegenleistung unterliegen jedoch einer längeren Verjährungsfrist und verjähren in zehn Jahren (§ 196 BGB). Der Gesetzgeber hielt eine spezielle und längere Verjährungsfrist für notwendig, weil bei Verträgen über Grundstücke bzw. über Rechte an Grundstücken die Durchsetzbarkeit der Ansprüche oft von äußeren Faktoren abhängt, wie z.B. der Arbeitsgeschwindigkeit des Grundbuchamts, der Dauer für eine erforderliche Vermessung und Eintragung in das Kataster oder der Notwendigkeit der Einholung einer Unbedenklichkeitsbescheinigung vom Finanzamt, wenn die Höhe der Grunderwerbssteuer umstritten ist (Lakkis in: Herberger/Martinek/Rüßmann/Weth/Würdinger, jurisPK-BGB, 10. Aufl., § 196 BGB (Stand: 15.05.2023), Rn. 1). Ursprünglich sollte die Vorschrift Ansprüche auf die Gegenleistung nicht erfassen, so dass der Zahlungsanspruch gemäß §§ 195, 199 BGB vor dem synallagmatischen Übereignungsanspruch verjähren würde. Zwar gewährte § 320 iVm. § 215 BGB dem Grundstücksverkäufer auch nach Verjährung seines Zahlungsanspruchs die Einrede des nicht erfüllten Vertrages (MüKoBGB/Grothe, 9. Aufl. 2021, BGB § 196 Rn. 3). Trotzdem sind die „Ansprüche auf die Gegenleistung“ auf Initiative des Rechtsausschusses in die Vorschrift aufgenommen worden (Rechtsausschuss, BT-Drs. 14/7052, 179). Durch die Schuldrechtsmodernisierung hat sich somit die Rechtslage grundlegend geändert, so dass der VII. Zivilsenat zu Recht feststellt, dass das vor Inkrafttreten des Schuldrechtsmodernisierungsgesetzes ergangene Urteil des Senats vom 12. Oktober 1978 der aktuellen Entscheidung schon deshalb nicht entgegensteht, weil es auf einer anderen Rechtslage beruht (BGH, Urteil vom 7. Dezember 2023 – VII ZR 231/22 –, Rn. 34). Hinzugefügt hat der Senat allerdings: „Soweit diese Entscheidung dahin verstanden werden könnte, der Bauträgervertrag werde durch die Bauwerkserrichtungsleistungen derart geprägt, dass sich die Verjährung des Vergütungsanspruchs einheitlich nach den für werkvertragliche Vergütungsansprüche geltenden Vorschriften richtet, hält der Senat hieran nicht fest.“ Die Begründung dafür findet sich in Rn. 33, wo es heißt: „Gegen diese Beurteilung kann nicht eingewendet werden, dass es sich bei dem Vergütungsanspruch um einen Anspruch aus einem Mischvertrag handelt, bei dem die vom Bauträger geschuldete Übertragung des Eigentums an dem Grundstück gegenüber der Bauwerkserrichtung von derart untergeordneter Bedeutung für das Vertragsverhältnis ist, dass § 196 BGB auf den Vergütungsanspruch nicht angewendet werden könnte. Vielmehr ist die Übertragung des Eigentums an dem Grundstück bei einem Bauträgervertrag von wesentlichem Interesse für den Erwerber.“ (BGH, Urteil vom 7. Dezember 2023 – VII ZR 231/22 –, Rn. 33). Dazu verweist der Senat auf §§ 94 Abs. 1 Satz 1 und 946 BGB. Das klingt überzeugend. Genauso überzeugend hatte derselbe Senat jedoch 1978 ausgeführt: „Deshalb hat der Senat für aus verschiedenen Leistungselementen bestehende Mischverträge ausgesprochen, die Verjährung sei nach den Leistungen zu beurteilen, die bei weitem überwiegen und dem Vertragsverhältnis seine charakteristische Note geben. Das ist hier der Bau der Wohnung. Stehen schon bei einem Einfamilienhaus die Bauarbeiten regelmäßig gegenüber der Grundstücksverschaffung wirtschaftlich im Vordergrund, so gilt das in weitaus größerem Maße für eine Eigentumswohnung. (…) Auf diesen Vertrag ist zum Teil Kaufrecht, zum Teil Werkvertragsrecht anzuwenden. Der Vergütungsanspruch richtet sich nach §§ 631, 632 BGB. Das Gesetz behandelt ihn wie eine gewöhnliche Werklohnforderung. Es sieht die Vergütung vorwiegend als Gegenleistung für die Herstellung des Werks an.“ (BGH, Urteil vom 12. Oktober 1978 – VII ZR 288/77 –,Rn. 17 - 19). An der Grundproblematik hat sich somit – trotz der völligen Neugestaltung des Verjährungsrechts – durch die Schuldrechtsreform nichts geändert. Eine tragfähige Begründung, warum der Bauträgervertrag nicht durch die Bauwerkserrichtungsleistungen derart geprägt wird, dass sich die Verjährung des Vergütungsanspruchs einheitlich nach den für werkvertragliche Vergütungsansprüche geltenden Vorschriften richtet, wie derselbe Senat zuvor gemeint hatte, lässt die besprochene Entscheidung vermissen.  

4. Auswirkungen für die Praxis

Die regelmäßige Verjährungsfrist des § 195 BGB beginnt, soweit nicht ein anderer Verjährungsbeginn bestimmt ist, mit dem Schluss des Jahres, in dem der Anspruch entstanden ist und der Gläubiger von den den Anspruch begründenden Umständen und der Person des Schuldners Kenntnis erlangt oder ohne grobe Fahrlässigkeit erlangen müsste, wie § 199 Absatz 1 BGB bestimmt. Der Beginn der regelmäßigen Verjährungsfrist ist somit subjektiv bestimmt. Die Vorschrift gibt der regelmäßigen Verjährungsfrist des § 195 BGB ihr eigentliches Wertungsgepräge (Schmidt-Räntsch in: Erman, BGB, 17. Aufl. 2023, § 199 Rn. 1). Dagegen beginnt nach § 200 Satz 1 BGB die zehnjährige Verjährungsfrist des § 196 BGB mit der Entstehung des Anspruchs, ohne dass es auf die Kenntnis des Gläubigers ankommt. Unter Entstehung ist der Zeitpunkt zu verstehen, in welchem der Anspruch erstmalig geltend gemacht und notfalls im Wege der Klage durchgesetzt werden kann. In der Regel ist damit, sofern keine besonderen Absprachen getroffen sind, der Zeitpunkt der Fälligkeit (§ 271 BGB) maßgebend (BGH, Urteil vom 23. Juni 2023 - V ZR 89/22 - Rn. 10 mwN.).

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