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10.10.2024
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BGH: Nachträgliche Zulassung der Berufung

Die nachträgliche Zulassung der Berufung aufgrund einer Anhörungsrüge gemäß § 321a ZPO ist ausnahmsweise zulässig, wenn das Verfahren aufgrund eines Gehörsverstoßes gemäß § 321a Abs. 5 ZPO fortgesetzt wird und sich erst aus dem anschließend gewährten rechtlichen Gehör ein Grund für die Zulassung ergibt, oder wenn das Erstgericht bei seiner ursprünglichen Entscheidung über die Nichtzulassung der Berufung bezogen auf die Zulassungsentscheidung das rechtliche Gehör des späteren Berufungsklägers verletzt hat.

BGH, Beschluss vom 30. Juli 2024 – VI ZB 115/21

  1. Problemstellung

Unter welchen Voraussetzungen ein Gericht aufgrund einer Anhörungsrüge nachträglich die Berufung gegen ein wegen nicht ausreichender Beschwer nicht berufungsfähiges Urteil zulassen kann, hatte der VI. Zivilsenat zu entscheiden.

  1. Inhalt und Gegenstand der Entscheidung

Der Pkw des Klägers wurde bei einem Verkehrsunfall beschädigt. Die volle Haftung des Beklagten dem Grunde nach steht außer Streit. Der Kläger ließ das Fahrzeug reparieren. Die Rechnung weist die Position "Schutzmittel Corona" mit 15 € (netto) aus, zudem werden dort "Schutzmaßnahmen Corona" erwähnt. Der Beklagte regulierte die Rechnung abzüglich eines Betrages von 76,21 €. Mit seiner Klage macht der Kläger den Restbetrag von 76,21 € geltend, welchen er mit 58,81 € den "Schutzmaßnahmen Corona" und 17,40 € dem "Schutzmaterial Corona" zuordnet. Das Amtsgericht hat angeordnet, dass gemäß § 495a ZPO im vereinfachten Verfahren ohne mündliche Verhandlung schriftlich entschieden werden soll. Auf Antrag müsse mündlich verhandelt werden. Die beklagte Partei erhalte eine Frist, innerhalb von zwei Wochen ab Zustellung schriftlich zu dem Vorbringen der Gegenseite Stellung zu nehmen. Eine Entscheidung, insbesondere auch ein Endurteil, gegen das ein Rechtsmittel von Gesetzes wegen nicht möglich sei, § 511 Abs. 2 Nr. 1 ZPO, ergehe nach Ablauf gesetzter und gegebenenfalls noch zu setzender Fristen im vereinfachten Verfahren von Amts wegen ohne Bestimmung eines Verkündungstermins. Mit Urteil vom 12. April 2021 hat das Amtsgericht im vereinfachten Verfahren gemäß § 495a ZPO ohne mündliche Verhandlung ein Urteil erlassen und die Klage abgewiesen. Die Berufung hat es nicht zugelassen und dazu ausgeführt, dass die Rechtssache keine grundsätzliche Bedeutung habe und auch die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Berufungsgerichts nicht erforderlich machten. Auf die Anhörungsrüge des Klägers hat das Amtsgericht mit Beschluss vom 1. Juni 2021 der Gehörsrüge abgeholfen und angeordnet, dass das Verfahren fortgesetzt werde. Aufgrund der abweichenden Entscheidungen innerhalb des Amtsgerichts zu den in Rede stehenden Rechtsfragen solle im Sinne der Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung die Berufung zugelassen werden. Es sei beabsichtigt, das Verfahren erneut durch Urteil zu entscheiden, dieses solle inhaltlich nur insoweit von dem ersten Urteil abweichen, als die Berufung zugelassen werde. Die Parteien erhielten Gelegenheit zur Stellungnahme. Mit Urteil vom 30. Juli 2021 hat das Amtsgericht die Klage abgewiesen und die Berufung zugelassen. Gegen dieses Urteil hat der Kläger Berufung eingelegt und diese auch fristgerecht begründet. Das Berufungsgericht hat die Berufung nach vorausgehendem Hinweis an den Kläger als unzulässig verworfen, da die auf die Anhörungsrüge hin ausgesprochene Zulassung der Berufung die Kammer nicht binde, weil sie unter Verstoß gegen die Bindung des Amtsgerichts aus § 318 ZPO erfolgt und unwirksam sei.  

Die Rechtsbeschwerde des Klägers ist unzulässig. Gemäß § 511 Abs. 2 ZPO ist die Berufung nur zulässig, wenn der Wert des Beschwerdegegenstandes 600 € übersteigt oder das Gericht des ersten Rechtszuges die Berufung im Urteil zugelassen hatte. Das Landgericht ist hier zu Recht zu dem Ergebnis gekommen, dass es bei dem Wert des Beschwerdegegenstandes von 76,21 € an einer wirksamen Zulassung der Berufung durch das Amtsgericht fehlt. Gemäß § 511 Abs. 4 Satz 2 ZPO ist das Berufungsgericht grundsätzlich an die Zulassung der Berufung auch dann gebunden, wenn die seitens des Erstgerichts für maßgeblich erachteten Zulassungsgründe aus seiner Sicht nicht vorliegen. Durfte die Zulassung dagegen verfahrensrechtlich überhaupt nicht ausgesprochen werden, ist sie unwirksam. Das gilt auch für eine prozessual nicht vorgesehene nachträgliche Zulassungsentscheidung, die die Bindung des Gerichts an seine eigene Endentscheidung gemäß § 318 ZPO außer Kraft setzen würde. Eine nachträgliche Zulassung der Berufung kann jedoch ausnahmsweise auf eine zulässige und begründete Anhörungsrüge nach § 321a ZPO erfolgen, wenn bei der vorangegangenen Entscheidung, die Berufung nicht zuzulassen, ein Verstoß gegen den Anspruch auf rechtliches Gehör vorgelegen hat. Die Anhörungsrüge stellt einen gesetzlich geregelten Rechtsbehelf eigener Art dar, durch den das Gericht von der Bindungswirkung des § 318 ZPO sowie von der formellen und materiellen Rechtskraft freigestellt wird. Das Rechtsmittelgericht ist jedoch nicht an die Begründung des unteren Gerichts gebunden, sondern hat dessen Entscheidung, aufgrund einer Anhörungsrüge das Verfahren fortzuführen, darauf zu überprüfen, ob die Anhörungsrüge statthaft, zulässig und begründet war. Bei dieser Prüfung ist das Berufungsgericht zu Recht zu dem Ergebnis gekommen, dass das Amtsgericht seine bewusste Entscheidung, die Berufung nicht zuzulassen, verfahrensfehlerhaft aufgrund einer Anhörungsrüge gemäß § 321a ZPO geändert hat.

Die Anhörungsrüge des Klägers war zwar gemäß § 321a Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 ZPO statthaft, weil die Berufungssumme des § 511 Abs. 2 Nr. 1 ZPO nicht erreicht wurde und das Amtsgericht die Berufung zunächst nicht zugelassen hatte. Auch hat der Kläger die Anhörungsrüge fristgerecht erhoben und eine Verletzung seines Anspruchs auf Gewährung rechtlichen Gehörs ausgeführt. Zu Recht hat das Berufungsgericht aber die Anhörungsrüge des Klägers nicht für begründet erachtet. Die Anhörungsrüge räumt dem Gericht keine umfassende Abhilfemöglichkeit ein, sondern dient allein der Behebung von Verstößen gegen die grundgesetzliche Garantie des rechtlichen Gehörs. Die unterbliebene Zulassung der Berufung kann für sich genommen den Anspruch auf rechtliches Gehör nicht verletzen, es sei denn, auf die Zulassungsentscheidung bezogener Vortrag der Beteiligten wurde verfahrensfehlerhaft übergangen. Art. 103 Abs. 1 GG soll sichern, dass die Entscheidung frei von Verfahrensfehlern ergeht, die auf mangelnder Kenntnisnahme oder Erwägung des Vortrags beruhen. Sein Schutzbereich ist auf das von dem Gericht einzuhaltende Verfahren, nicht aber auf die Kontrolle der Entscheidung in der Sache gerichtet. Eine nachträgliche Zulassung der Berufung aufgrund einer Anhörungsrüge gemäß § 321a ZPO ist deshalb nur dann ausnahmsweise zulässig, wenn das Verfahren aufgrund eines Gehörsverstoßes gemäß § 321a Abs. 5 ZPO fortgesetzt wird und sich erst aus dem anschließend gewährten rechtlichen Gehör ein Grund für die Zulassung ergibt oder wenn das Erstgericht bei seiner ursprünglichen Entscheidung über die Nichtzulassung der Berufung bezogen auf die Zulassungsentscheidung das rechtliche Gehör des späteren Berufungsklägers verletzt hat. An letzterem fehlt es hier.  

Anders als der Kläger meint, handelt es sich bei dem Urteil des Amtsgerichtes ohne Zulassung der Berufung vom 12. April 2021 nicht um eine gegen Art. 103 Abs. 1 GG verstoßende Überraschungsentscheidung. Eine solche liegt vor, wenn sich eine Entscheidung ohne vorherigen richterlichen Hinweis auf einen Gesichtspunkt stützt, mit dem auch ein gewissenhafter und kundiger Prozessbeteiligter nicht zu rechnen braucht. Das Amtsgericht hat aber nicht gegen seine Hinweispflichten verstoßen. Es hat die Parteien vielmehr darauf hingewiesen, dass es im Verfahren nach § 495a ZPO entscheiden werde, dass für eine mündliche Verhandlung ein Antrag erforderlich sei und eine Entscheidung ergehen könne, gegen die es kein Rechtsmittel gebe. Für einen gewissenhaften und kundigen Prozessbeteiligten war daraus ersichtlich, dass die Nichtzulassung der Berufung sehr wahrscheinlich ist, ohne dass das Amtsgericht ausdrücklich darauf hinweisen musste, dass es im konkreten Fall die Berufung nicht zulassen werde. Bereits die Entscheidung für ein Verfahren nach § 495a ZPO ohne mündliche Verhandlung musste ein deutliches Signal für den gewissenhaften Prozessbeteiligten sein, dass das Amtsgericht im Streitfall weder von einer grundsätzlichen Bedeutung noch der Notwendigkeit der Rechtsmittelzulassung zur Sicherung der Einheitlichkeit der Rechtsprechung oder zur Fortbildung des Rechts ausgehen würde. Dies musste auch für den Kläger auf der Hand liegen, da auch die von ihm vorgelegten amtsgerichtlichen Entscheidungen zu Corona-Schutzmaßnahmen bzw. Desinfektionskosten überwiegend im Verfahren nach § 495a ZPO ohne Zulassung der Berufung ergangen waren. Der Beschluss vom 18. Januar 2021 enthielt weiter den Hinweis, dass ein Urteil ergehen könnte, gegen das ein Rechtsmittel von Gesetzes wegen nicht möglich ist.    

Das Berufungsgericht hat auch zu Recht angenommen, dass das Amtsgericht bei seinem ersten Urteil keinen auf die Zulassungsentscheidung bezogenen Vortrag der Parteien verfahrensfehlerhaft übergangen hat. Der Kläger hat bis zu diesem Urteil die aus seiner Sicht notwendige Zulassung der Berufung an keiner Stelle thematisiert. Er hat allerdings bereits in der Klageschrift seinen Rechtsstandpunkt zur Erforderlichkeit von Corona-Schutzmaßnahmen und deren Ersatzfähigkeit dargelegt und insbesondere auch eine insoweit zusprechende Entscheidung des AG München referiert. Er hat weitere zusprechende amtsgerichtliche Entscheidungen benannt und die Rechtsgrundsätze des BGH zum Werkstattrisiko referiert. Er hat in seiner Replik erneut zu den Positionen "Schutzmaßnahmen Corona" und "Schutzmaterial Corona" zusprechende amtsgerichtliche Entscheidungen benannt. Mit seiner Entscheidung hat das Amtsgericht diesen Vortrag des Klägers aber nicht übergangen, sondern lediglich nicht alle gebotenen rechtlichen Schlüsse gezogen. Das Amtsgericht hat sich nämlich mit den vom Kläger aufgeworfenen Fragen zu der Erforderlichkeit der Corona-Schutzmaßnahmen und der Erstattungspflichtigkeit der diesbezüglichen Kosten ausdrücklich befasst, seine Klageabweisung mit von der Rechtsauffassung des Klägers abweichenden Rechtsstandpunkten begründet und seinerseits für diese eine amtsgerichtliche und eine landgerichtliche Entscheidung angeführt. Ob diese Rechtsauffassung zutreffend war, ist für die Frage nach einer Gehörsverletzung dabei ohne Belang. Dass das Amtsgericht die - gebotene - Zulassung der Berufung zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung erst auf die Anhörungsrüge des Klägers erwogen hat, stellt hier als solches keinen Gehörsverstoß, sondern einen einfachen Verfahrensfehler dar.

  1. Kontext der Entscheidung

Der Senat bestätigt seine bisherige Rechtsprechung. Danach kann eine nachträgliche Zulassung der Berufung ausnahmsweise auf eine zulässige und begründete Anhörungsrüge nach § 321a ZPO erfolgen, wenn bei der vorangegangenen Entscheidung, die Berufung nicht zuzulassen, ein Verstoß gegen den Anspruch auf rechtliches Gehör vorgelegen hat. Denn die Anhörungsrüge stellt einen gesetzlich geregelten Rechtsbehelf eigener Art dar, durch den das Gericht von der Bindungswirkung des § 318 ZPO sowie von der formellen und materiellen Rechtskraft freigestellt wird. Das Rechtsmittelgericht ist jedoch nicht an die Begründung des unteren Gerichts gebunden, sondern hat dessen Entscheidung, aufgrund einer Anhörungsrüge das Verfahren fortzuführen, darauf zu überprüfen, ob die Anhörungsrüge statthaft, zulässig und begründet war (BGH, Urteil vom 7. Februar 2023 – VI ZR 137/22 –, Rn. 19). Eine prozessual nicht vorgesehene nachträgliche Zulassungsentscheidung ist jedoch unwirksam, weil sie die Bindung des Gerichts an seine eigene Entscheidung (§ 318 ZPO) außer Kraft setzen würde. Dies gilt auch, wenn das Beschwerdegericht seine Entscheidung, die Rechtsbeschwerde nicht zuzulassen, verfahrensfehlerhaft aufgrund einer Anhörungsrüge nach § 321a ZPO ändert. Die Anhörungsrüge räumt dem Gericht keine umfassende Abhilfemöglichkeit ein, sondern dient allein der Behebung von Verstößen gegen die grundgesetzliche Garantie des rechtlichen Gehörs. Die unterbliebene Zulassung der Rechtsbeschwerde als solche kann den rechtlichen Anspruch auf rechtliches Gehör nicht verletzen, es sei denn, auf die Zulassungsentscheidung bezogener Vortrag der Parteien ist verfahrensfehlerhaft übergangen worden. Art. 103 Abs. 1 GG soll sichern, dass die Entscheidung frei von Verfahrensfehlern ergeht, die auf mangelnder Kenntnisnahme oder Erwägung des Sachvortrags beruhen. Sein Schutzbereich ist auf das von dem Gericht einzuhaltende Verfahren, nicht aber auf die Kontrolle der Entscheidung in der Sache gerichtet (BGH, Beschluss vom 13. Mai 2020 – VII ZB 41/19 –, Rn. 13 - 14).

  1. Auswirkungen für die Praxis

Der Kläger hätte nach der Einleitung des Verfahrens nach § 495a ZPO den im Gesetz vorgesehenen Antrag auf mündliche Verhandlung stellen müssen (§ 495a Satz 2 ZPO). Dadurch, dass er dies unterlassen hat, sondern sich passiv verhalten hat, hat er sich um die Möglichkeit gebracht, das Gericht von der Zulassung der Berufung zu überzeugen. Vergleichbar ist die Konstellation, dass der Rechtsbeschwerdeführer es im Rahmen des vorinstanzlichen Rechtsmittels versäumt hat, auf einen Hinweisbeschluss des Gerichts hin eine Grundrechtsverletzung zu verhindern. Dies führt zur Unzulässigkeit der Rechtsbeschwerde wegen Verletzung des Subsidiaritätsgrundsatzes, der fordert, dass ein Beteiligter über das Gebot der Erschöpfung des Rechtswegs im engeren Sinne hinaus alle nach Lage der Sache zur Verfügung stehenden prozessualen Möglichkeiten ergreifen muss, um eine Korrektur der geltend gemachten Grundrechtsverletzung zu erwirken oder eine solche zu verhindern. Dieser Grundsatz ist nicht auf das Verhältnis zwischen Verfassungs- und Fachgerichtsbarkeit beschränkt, sondern gilt auch im Nichtzulassungsbeschwerde- und Revisionsverfahren. Denn einer Revision kommt bei der Verletzung von Verfahrensgrundrechten auch die Funktion zu, präsumtiv erfolgreiche Verfassungsbeschwerden vermeidbar zu machen. Daher sind für ihre Beurteilung die gleichen Voraussetzungen maßgebend, die nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts zum Erfolg einer Verfassungsbeschwerde führten (BGH, Beschluss vom 30. Juli 2024 – VI ZB 30/22 –, Rn. 12).

1.10.2024
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BGH: Anforderungen an die Fristenkontrolle

Werden einem Rechtsanwalt die Akten im Zusammenhang mit einer fristgebundenen Prozesshandlung vorgelegt, hat er den Ablauf von Rechtsmittelbegründungsfristen eigenverantwortlich zu prüfen.

BGH, Beschluss vom 31. Juli 2024 – XII ZB 573/23

  1. Problemstellung

Der XII. Zivilsenat hatte sich mit den Anforderungen an die Begründung eines Wiedereinsetzungsantrags gegen den Ablauf einer Rechtsmittelfrist zu befassen.

  1. Inhalt und Gegenstand der Entscheidung

Der Antragsgegner begehrt Wiedereinsetzung gegen die Versäumung der Beschwerdebegründungsfrist. Das Amtsgericht hat ihn in einem Verfahren nach § 266 Abs. 1 Nr. 3 FamFG (sonstige Familiensache) verpflichtet, an die Antragstellerin, seine von ihm getrennt lebende Ehefrau, einen Betrag von 293.000 € nebst Zinsen zu zahlen. Gegen den seinem Verfahrensbevollmächtigten am 25. Juli 2023 zugestellten Beschluss hat der Antragsgegner am 24. August 2023 beim Amtsgericht Beschwerde eingelegt. Mit einem am selben Tag beim Amtsgericht eingegangenen Schriftsatz vom 2. Oktober 2023 hat der Antragsgegner seine Beschwerde begründet. Das Amtsgericht hat den mit einer qualifizierten elektronischen Signatur versehenen Schriftsatz am 4. Oktober 2023 auf elektronischem Wege an das OLG weitergeleitet. Auf den Hinweis, dass beabsichtigt sei, die Beschwerde als unzulässig zu verwerfen, weil eine Rechtsmittelbegründung nicht innerhalb der Frist des § 117 Abs. 1 Satz 3 FamFG eingegangen sei, hat der Antragsgegner Wiedereinsetzung in die versäumte Beschwerdebegründungsfrist beantragt. Zur Begründung hat er unter Vorlage einer eidesstattlichen Versicherung der Mitarbeiterin Frau E. seines Verfahrensbevollmächtigten ausgeführt, diese sei in der Kanzlei für die Fristenverwaltung zuständig. In den mehr als 20 Jahren ihrer Beschäftigung sei ihr bislang kein Fehler im Fristenkalender unterlaufen. Nach der Organisation des Büros werde zunächst eine Vorfrist von einer Woche eingetragen, wobei die Fristen sowohl in einem gesonderten Fristenkalender als auch digital in der Anwaltssoftware notiert würden. Neben der Vorfrist gebe es ferner die sogenannte Notfrist. Der Verfahrensbevollmächtigte kontrolliere regelmäßig die Einhaltung der Fristen. Sämtliche Mitarbeiter seien bei Aufnahme ihrer Tätigkeit über die Regelungen für die Fristenkontrolle und deren Bedeutung belehrt worden. Diese Belehrungen würden auch regelmäßig wiederholt, zuletzt am 4. August 2023. Der Verfahrensbevollmächtigte habe beim Diktat der Beschwerdeschrift explizit erklärt, dass die Frist für die Beschwerdebegründung einen Monat betrage und diese allerspätestens am 25. September 2023 beim OLG, hilfsweise beim AG Minden, einzugehen habe. Er habe ferner diktiert, dass ihm die Akte zur Vorfrist am 18. September 2023 vorgelegt werden solle, damit ausreichend Zeit für die Rechtsmittelbegründung verbleibe. Tatsächlich habe Frau E. die Vorfrist aber versehentlich für den 18. Oktober 2023 und die Notfrist für den 25. Oktober 2023 eingetragen. Dem Verfahrensbevollmächtigten des Antragsgegners sei dies nicht aufgefallen, da er auf die ordnungsgemäße Einhaltung und Beachtung der Fristen vertraut habe und aufgrund seiner Arbeitsbelastung eine Kontrolle nicht erfolgt sei.  

Das OLG hat den Antrag auf Wiedereinsetzung als unbegründet zurückgewiesen. Zur Begründung hat es ausgeführt, dass der Verfahrensbevollmächtigte des Antragsgegners durch seine Büroorganisation grundsätzlich ausreichende Vorkehrungen zur Vermeidung von Fristversäumnissen getroffen habe. Er dürfe grundsätzlich darauf vertrauen, dass eine zuverlässige Bürokraft allgemeine Weisungen befolge, wenn nicht Umstände dazu Anlass geben würden, an der Umsetzung der Anweisung zu zweifeln. Allerdings habe der Verfahrensbevollmächtigte es entgegen seiner üblichen Büroorganisation unterlassen, die entsprechenden Fristen zu kontrollieren. Soweit er sich darauf stütze, dass die Kontrolle aufgrund der - allerdings nicht näher dargelegten - anwaltlichen Arbeitsbelastung unterlassen worden sei, könne dies den Antragsgegner nicht entlasten. Im Übrigen hätte spätestens die ihm unter dem 12. September 2023 erfolgte Übermittlung des Aktenzeichens des Beschwerdeverfahrens Anlass geben müssen, die notierten Fristen (erneut) zu prüfen. Dass die Nichtwahrung der Beschwerdebegründungsfrist auch auf anwaltlichem Verschulden beruhte, lege des Weiteren der Umstand nahe, dass die Begründungsschrift vom 2. Oktober 2023 an das hierfür unzuständige Amtsgericht gerichtet gewesen sei, ohne dass die zu diesem Zeitpunkt bereits verstrichene Begründungsfrist aufgefallen sei.  

Die Rechtsbeschwerde des Antragsgegners hat keinen Erfolg. Zwar meint die Rechtsbeschwerde mit Recht, dass diese Ausführungen des Beschwerdegerichts nicht tragfähig sind. So führt die Gewohnheit eines Rechtsanwalts, in seinem Kanzleibetrieb über das gebotene Maß hinaus weitere Vorkehrungen zur Vermeidung von Fristversäumnissen zu treffen, nicht zu einer Verschärfung seiner Sorgfaltspflichten, weshalb dem Verfahrensbevollmächtigten des Antragsgegners auch nicht zum Vorwurf gemacht werden kann, dass er die Fristen entgegen seiner sonst üblichen Büroorganisation nicht nach deren Eintragung im Fristenkalender anlasslos kontrolliert hat. Darüber hinaus hat die lediglich informatorische Mitteilung des zweitinstanzlichen Aktenzeichens keinen Anlass zu einer Bearbeitung der Akte gegeben, die eine Pflicht zur Prüfung der notierten Fristen hätte auslösen können. Auch lassen sich aus der nach dem Ablauf der Beschwerdebegründungsfrist erfolgten Adressierung des Begründungsschriftsatzes an das für dessen Empfang nicht zuständige Amtsgericht (§ 117 Abs. 1 Satz 2 FamFG) keine Rückschlüsse auf ein etwaiges Anwaltsverschulden hinsichtlich der damit vorliegend nicht in Zusammenhang stehenden Versäumung der Begründungsfrist ziehen. Auf all dies kommt es aber nicht entscheidend an. Vielmehr erweist sich die angefochtene Entscheidung im Ergebnis gleichwohl als zutreffend, weil die Versäumung der Beschwerdebegründungsfrist aus anderen Gründen auf einem Verschulden des Verfahrensbevollmächtigten beruht, das sich der Antragsgegner zurechnen lassen muss. Wiedereinsetzung in den vorigen Stand ist auf Antrag zu gewähren, wenn ein Beteiligter ohne sein Verschulden verhindert war, die Beschwerdebegründungsfrist nach § 117 Abs. 1 Satz 3 FamFG einzuhalten. Dabei muss der Wiedereinsetzungsantrag die die Wiedereinsetzung begründenden Tatsachen enthalten. Hierzu gehört eine aus sich heraus verständliche, geschlossene Schilderung der tatsächlichen Abläufe, aus der sich ergibt, auf welchen konkreten Umständen die Fristversäumung beruht. Besteht nach diesen von dem Beteiligten glaubhaft gemachten Tatsachen zumindest die Möglichkeit, dass die Fristversäumung von dem Beteiligten beziehungsweise seinem Verfahrensbevollmächtigten verschuldet war, kommt eine Wiedereinsetzung nicht in Betracht.      

Der Wiedereinsetzungsantrag des Antragsgegners und die eidesstattliche Versicherung der Mitarbeiterin enthalten keine hinreichende Schilderung der tatsächlichen Abläufe, die nach den vorstehenden Maßstäben ein fehlendes Verschulden seines Verfahrensbevollmächtigten annehmen ließe. Ein Rechtsanwalt darf die Führung des Fristenkalenders im Rahmen einer von ihm zu verantwortenden Büroorganisation auf sein geschultes, als zuverlässig erprobtes und sorgfältig überwachtes Personal zur selbstständigen Erledigung übertragen darf. Zu den die Führung des Fristenkalenders betreffenden Aufgaben, die delegiert werden dürfen, gehört auch die Notierung von Vor- und Hauptfristen. Allerdings muss ein Rechtsanwalt alles ihm Zumutbare tun, um die Wahrung von Fristen zu gewährleisten. So hat er durch geeignete organisatorische Maßnahmen sicherzustellen, dass die Fristen zuverlässig festgehalten und kontrolliert werden. Zu den zur Ermöglichung einer Gegenkontrolle erforderlichen Vorkehrungen im Rahmen der Fristenkontrolle gehört insbesondere, dass die Rechtsmittel- und Rechtsmittelbegründungsfristen in der Handakte notiert werden und die Handakte durch entsprechende Erledigungsvermerke oder auf sonstige Weise erkennen lässt, dass die Fristen in den Fristenkalender eingetragen worden sind. Zu einer ordnungsgemäßen Büroorganisation gehört dabei die klare Anweisung, dass stets und unter allen Umständen zuerst die Fristen im Kalender notiert werden müssen, bevor ein entsprechender Vermerk in der Akte eingetragen werden kann. Denn sonst besteht die Gefahr, dass der Erledigungsvermerk in der Handakte bereits vor der Eintragung in den Kalender angebracht wird und die Gegenkontrolle versagt. Darüber hinaus hat ein Rechtsanwalt den Ablauf von Rechtsmittelbegründungsfristen immer dann eigenverantwortlich zu prüfen, wenn ihm die Akten im Zusammenhang mit einer fristgebundenen Verfahrenshandlung, insbesondere zu deren Bearbeitung, vorgelegt werden. In diesem Fall muss der Rechtsanwalt stets auch alle unerledigten Fristen einschließlich ihrer Notierung in den Handakten prüfen. Dies gilt unabhängig davon, ob die Handakten des Rechtsanwalts in herkömmlicher Form als Papierakten oder als elektronische Akten geführt werden. Die anwaltliche Prüfungspflicht besteht auch dann, wenn die Handakte nicht zugleich zur Bearbeitung mit vorgelegt worden ist, so dass der Rechtsanwalt in diesen Fällen die Vorlage der Handakte zur Fristenkontrolle zu veranlassen hat. Der Rechtsanwalt muss die erforderliche Einsicht in die Handakte nehmen, indem er sich entweder die Papierakte vorlegen lässt oder das digitale Aktenstück am Bildschirm einsieht.

Gemessen hieran kann vorliegend die Möglichkeit, dass die Fristversäumung vom Verfahrensbevollmächtigten des Antragstellers verschuldet war, nicht ausgeschlossen werden. Nach dem Vortrag des Antragsgegners hat sein Verfahrensbevollmächtigter beim Diktat der Beschwerdeschrift explizit auch erklärt, dass die Beschwerdebegründungsfrist bis zum 25. September 2023 laufe und ihm die Akte zur Vorfrist am 18. September 2023 vorgelegt werden solle, damit ausreichend Zeit für die Rechtsmittelbegründung verbleibe. Die bis dahin zuverlässige Mitarbeiterin habe aber versehentlich die Vorfrist für den 18. Oktober 2023 und die Notfrist für den 25. Oktober 2023 eingetragen. Mit dem Diktat der Beschwerdeschrift war diese fristgebundene Verfahrenshandlung indes nicht abgeschlossen. Vielmehr musste der Verfahrensbevollmächtigte noch die Endkontrolle des nach seinem Diktat gefertigten Schriftsatzes vornehmen, für diesen - hier in Form einer qualifizierten elektronischen Signatur - die Verantwortung übernehmen und die Versendung des Schriftsatzes veranlassen. Da zu einer ordnungsgemäßen Büroorganisation gehört, dass stets und unter allen Umständen zuerst die Fristen im Kalender eingetragen werden und erst danach ein entsprechender Vermerk in der Handakte erfolgt, hätten die Fristen anlässlich der Erledigung des Diktats der Beschwerdeschrift zuerst im Kalender notiert und sodann ein Vermerk in den Handakten angebracht werden müssen. Zu dem Zeitpunkt, als der Verfahrensbevollmächtigte des Antragsgegners mit der Endkontrolle der Beschwerdeschrift befasst war, hätte im Falle einer ordnungsgemäßen Büroorganisation die Handakte also durch entsprechende Erledigungsvermerke oder auf sonstige Weise erkennen lassen müssen, dass die Vorfrist und die Notfrist in den Fristenkalender eingetragen worden sind. Es ist allerdings nicht dargelegt, dass in der Handakte die korrekten Fristen notiert wurden, weshalb nicht ausgeschlossen werden kann, dass dort dieselben falschen Fristen wie im Fristenkalender eingetragen worden sind. Dies hätte dem Verfahrensbevollmächtigten des Antragsgegners anlässlich der Endkontrolle des Beschwerdeschriftsatzes auffallen müssen. Ebenso wenig ist dargelegt, wann der Verfahrensbevollmächtigte des Antragsgegners die Akten zur Erstellung der Beschwerdebegründung vorgelegt bekam oder wann er sie sich selbst zur Bearbeitung gezogen hat. Angesichts des Umstands, dass er am 2. Oktober 2023 den fehlerhaft an das Amtsgericht adressierten Begründungsschriftsatz elektronisch signiert hat, müssen ihm die Akten - aus welchem Grund auch immer - vor der im Fristenkalender für den 18. Oktober 2023 eingetragenen Vorfrist vorgelegen haben. Bei diesem Geschehensablauf ist die Möglichkeit nicht auszuschließen, dass er die Akten auch schon so rechtzeitig zur Bearbeitung vorliegen hatte, dass er die Beschwerdebegründung noch fristwahrend hätte fertigen oder zumindest eine (erstmalige) Fristverlängerung hätte beantragen können. Es ist somit nicht auszuschließen, dass die fehlerhafte Eintragung der Fristen im Fristenkalender nicht kausal für die Fristversäumung war, sondern der Verfahrensbevollmächtigte, dem auch am 2. Oktober 2023 die bereits abgelaufene Beschwerdebegründungsfrist nicht aufgefallen ist, diese Frist durch ein eigenes Verschulden versäumt hat.

  1. Kontext der Entscheidung

Ein Rechtsanwalt hat nach ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs den Ablauf von Rechtsmittelbegründungsfristen immer dann eigenverantwortlich zu prüfen, wenn ihm die Akten im Zusammenhang mit einer fristgebundenen Verfahrenshandlung, insbesondere zu deren Bearbeitung, vorgelegt werden. In diesem Fall muss der Rechtsanwalt stets auch alle weiteren unerledigten Fristen einschließlich ihrer Notierung in den Handakten prüfen. Dies gilt unabhängig davon, ob die Handakten des Rechtsanwalts in herkömmlicher Form als Papierakten oder als elektronische Akten geführt werden. Denn wie die elektronische Fristenkalenderführung gegenüber dem herkömmlichen Fristenkalender darf auch die elektronische Handakte grundsätzlich keine geringere Überprüfungssicherheit bieten als ihr analoges Pendant (BGH, Beschluss vom 1. März 2023 – XII ZB 483/21 –, Rn. 11, mwN.). Die Berechnung und Notierung von Fristen kann der Rechtsanwalt einer gut ausgebildeten, als zuverlässig erprobten und sorgfältig überwachten Bürokraft übertragen. Dann hat er aber durch geeignete organisatorische Maßnahmen sicherzustellen, dass die Fristen zuverlässig festgehalten und kontrolliert werden. Zu den zur Ermöglichung einer Gegenkontrolle erforderlichen Vorkehrungen im Rahmen der Fristenkontrolle gehört insbesondere, dass die Rechtsmittelfristen in der Handakte notiert werden und die Handakte durch entsprechende Erledigungsvermerke oder auf sonstige Weise erkennen lässt, dass die Fristen in den Fristenkalender eingetragen worden sind. Zu einer ordnungsgemäßen Büroorganisation gehört dabei die klare Anweisung, dass stets und unter allen Umständen zuerst die Fristen im Kalender eingetragen werden müssen, bevor ein entsprechender Vermerk in der Akte eingetragen werden kann. Denn sonst besteht die Gefahr, dass der Erledigungsvermerk in der Handakte bereits vor der Eintragung in den Kalender angebracht wird und die Gegenkontrolle versagt (BGH, Beschluss vom 29. Juni 2022 – XII ZB 9/22 –, Rn. 9, mwN.).

  1. Auswirkungen für die Praxis

Für die Praxis wichtig ist die Bestätigung einer älteren Entscheidung des BGH zu überobligationsmäßigen Sorgfaltsvorkehrungen des Rechtsanwalts. Trifft ein Rechtsanwalt über das gebotene Maß hinaus weitere Vorkehrungen zur Vermeidung von Fristversäumnissen, führt dies nicht zu einer Verschärfung seiner Sorgfaltspflichten, wie das Beschwerdegericht gemeint hatte (BGH, Beschluss vom 31. Juli 2024 – XII ZB 573/23 -, Rn. 7). Mehr als eine lückenlose Kontrolle einer Frist kann von einem Rechtsanwalt nicht gefordert werden. Sorgfaltspflichten sind auch im Zusammenhang mit der Fristenkontrolle grundsätzlich für alle Rechtsanwälte gleich. Eine Gewohnheit, über das gebotene Maß hinaus weitere organisatorische Sicherungen anzuordnen und zu beachten, führt nicht zu einer Verschärfung der Sorgfaltspflichten. Selbst wenn der individuelle Kalender der persönlichen Sekretärin des Rechtsanwalts als doppelte Kontrolle der Fristen neben dem zentralen Fristenkalender gedacht sein sollte, könnte ein etwaiger Organisationsfehler auf dieser zweiten Kontrollebene dem Rechtsanwalts nicht vorgehalten werden. Es gibt keine Rechtfertigung, ihn schlechter zu stellen, als in dem Fall, dass neben einer ausreichenden Fristenkontrolle eine zusätzliche Überwachung der Fristen überhaupt nicht vorgesehen ist (BGH, Urteil vom 19. Dezember 1991 – VII ZR 155/91 –, Rn. 7, mwN.).

1.10.2024
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BGH: Zum Gebot des sichersten Weges

Nach dem für Verjährungsfragen maßgeblichen "Gebot des sichersten Weges" hat der Rechtsanwalt bei einer unklaren Rechtslage, ob ein triftiger Grund vorliegt, das Verfahren nicht zu betreiben, im Hinblick auf eine etwaige ungünstigere Beurteilung der Rechtslage durch das mit der Sache befasste Gericht den Weg aufzuzeigen, der eine Verjährung des Anspruchs des Mandanten sicher verhindert.

BGH, Urteil vom 19. September 2024 – IX ZR 130/23

  1. Problemstellung

Welche Verpflichtungen den Rechtsanwalt treffen, wenn die Rechtslage unklar ist, hatte der IX. Zivilsenat zu entscheiden. Dem Mandanten war nicht verdeutlich worden, dass die Zustimmung zum Ruhen des Verfahrens nach sechs Monaten zum Ende der durch Klageerhebung eingetretenen Verjährungshemmung führen könnte, wenn vom Gericht nicht ein triftiger Grund für die Zustimmung angenommen werden würde (§ 204 Abs. 2 BGB).

 

  1. Inhalt und Gegenstand der Entscheidung

Der Kläger nimmt die Beklagten als seine vormaligen anwaltlichen Vertreter auf Schadensersatz in Anspruch, weil sie nicht verhindert hätten, dass der ihm gegen seine frühere Ehefrau zustehende Zugewinnausgleichsanspruch verjährt sei. Die Ehe des Klägers ist seit dem 4. Juni 2004 rechtskräftig geschieden. Die Ehefrau des Klägers reichte am 8. Mai 2007 eine auf Zugewinnausgleich gerichtete Stufenklage bei dem Familiengericht Mannheim ein. Der Kläger beauftragte die Beklagten, einen Zugewinnausgleichsanspruch gegenüber seiner Ehefrau geltend zu machen, die am 31. Mai 2007 eine auf Ausgleich des Zugewinns gerichtete Klage vor dem Familiengericht Delmenhorst erhoben. Die Ehefrau des Klägers berief sich auf die Einrede der Verjährung. Nachdem sich sowohl das Familiengericht Delmenhorst als auch das Familiengericht Mannheim für die von dem Kläger erhobene Zugewinnausgleichsklage für unzuständig erklärten, bestimmte das OLG Oldenburg mit Beschluss vom 23. Oktober 2007 das Familiengericht Delmenhorst als zuständiges Gericht, das daraufhin den Parteien am 19. November 2007 das Ruhen des Verfahrens vorschlug; der Ausgang des Verfahrens in Mannheim solle abgewartet werden. Die Beklagten beantragten das Ruhen des Verfahrens; die Ehefrau des Klägers stimmte zu. Mit Beschluss vom 14. Januar 2008 ordnete das Familiengericht Delmenhorst das Ruhen des Verfahrens bis zum Abschluss des Parallelverfahrens vor dem Familiengericht Mannheim an. Nach Abgabe einer eidesstattlichen Versicherung des Klägers in dem in Mannheim betriebenen Verfahren riefen die Beklagten im November 2008 für den Kläger das Verfahren in Delmenhorst wieder auf. Die Ehefrau des Klägers erhob erneut die Einrede der Verjährung. Das Familiengericht Delmenhorst wies die Klage ab, weil im Zeitpunkt der Wiederaufnahme des Verfahrens bereits Verjährung eingetreten gewesen sei. Die von den Beklagten dagegen eingelegte Berufung wies das OLG Oldenburg mit gleicher Begründung zurück. Der Kläger ist der Ansicht, die Beklagten hätten erkennen müssen, dass das Ruhen des Verfahrens die Verjährung des Zugewinnausgleichsanspruchs zur Folge haben würde. Das OLG hat die Klage abgewiesen (Hanseatisches Oberlandesgericht in Bremen, Urteil vom 9. Juni 2023 – 4 U 35/22).

Die Revision des Klägers hat Erfolg. Entgegen der Annahme des Berufungsgerichts liegt eine Verletzung der den Beklagten aufgrund des mit dem Kläger geschlossenen Anwaltsvertrags obliegenden Pflichten iSv. § 280 Abs. 1 BGB vor, weil nicht der sicherste Weg gewählt wurde, die Rechte des Klägers zu sichern und geltend zu machen, und der Kläger hierüber unzureichend beraten wurde. Die Beklagten haben die ihnen aus dem geschlossenen Anwaltsvertrag dem Kläger gegenüber obliegende Pflicht verletzt, den sichersten Weg zu wählen, die Rechte des Klägers zu sichern und geltend zu machen. Denn sie haben ihn weder über die mit einem Ruhen des Verfahrens verbundenen Risiken für ein Ende der Hemmung der Verjährung aufgeklärt noch Maßnahmen aufgezeigt oder ergriffen, um erhebliche Unsicherheiten über die drohende Verjährung des Zugewinnausgleichsanspruchs zu vermeiden. Die Beklagten haben das ruhend gestellte Verfahren über den Zugewinnausgleichsanspruch des Klägers nicht vor dem Ablauf der in § 204 Abs. 2 Satz 1 BGB geregelten Frist von sechs Monaten wieder aufgerufen und auch nicht mit der Ehefrau des Klägers eine ausdrückliche Vereinbarung über die weitere Hemmung der Verjährung getroffen.

Der Rechtsanwalt muss die Erfolgsaussichten des Begehrens seines Mandanten umfassend prüfen und den Mandanten hierüber belehren. Dazu hat er dem Auftraggeber den sichersten und gefahrlosesten Weg vorzuschlagen und ihn über mögliche Risiken aufzuklären, damit der Mandant zu einer sachgerechten Entscheidung in der Lage ist. Der konkrete Umfang der anwaltlichen Pflichten richtet sich nach dem erteilten Mandat und den Umständen des einzelnen Falls. Der Rechtsanwalt hat, wenn mehrere Maßnahmen in Betracht kommen, diejenige zu treffen, welche die sicherste und gefahrloseste ist, und, wenn mehrere Wege möglich sind, um den erstrebten Erfolg zu erreichen, den zu wählen, auf dem dieser am sichersten erreichbar ist. Gibt die rechtliche Beurteilung zu begründeten Zweifeln Anlass, so muss der Rechtsanwalt auch die Möglichkeit in Betracht ziehen, dass sich die zur Entscheidung berufene Stelle der seinem Auftraggeber ungünstigeren Beurteilung der Rechtslage anschließt.      

Die Beklagten waren beauftragt, den Zugewinnausgleichsanspruch des Klägers geltend zu machen. Sie waren dabei auch verpflichtet, vermeidbare Nachteile für den Kläger als ihren Mandanten zu verhindern. Sie hatten deshalb dessen Anspruch vor der Verjährung zu sichern. Diese Pflicht haben sie schuldhaft verletzt. Die Beklagten haben keine ausreichenden Maßnahmen ergriffen, um eine drohende Verjährung des Zugewinnausgleichsanspruchs des Klägers rechtssicher auszuschließen. Die maßgebliche dreijährige Verjährungsfrist des § 1378 Abs. 4 Satz 1 BGB (in der bis zum 31. August 2009 geltenden Fassung) begann am 22. Juli 2004 mit der Kenntnis des Klägers von der Rechtskraft des Scheidungsurteils zu laufen. Durch die am 31. Mai 2007 erhobene Klage wurde die Verjährung gemäß § 204 Abs. 1 Nr. 1 BGB gehemmt. Die Hemmung endete gemäß § 204 Abs. 2 Satz 1 BGB sechs Monate nach der rechtskräftigen Entscheidung oder anderweitigen Beendigung des eingeleiteten Verfahrens. Gerät das Verfahren in Stillstand, weil es die Parteien nicht betreiben, so tritt gemäß § 204 Abs. 2 Satz 2 BGB die letzte Verfahrenshandlung an die Stelle der Beendigung des Verfahrens. Mit Beschluss vom 14. Januar 2007 wurde das Ruhen des Verfahrens vor dem Familiengericht Delmenhorst angeordnet; das Verfahren geriet hierdurch in Stillstand (§ 204 Abs. 2 Satz 1 BGB). Dann mussten die Beklagten Rechnung stellen, dass im Regelfall die Hemmung der Verjährung des Anspruchs des Klägers sechs Monate später mit Ablauf des 14. Juli 2007 endete. Die zwischenzeitlich gehemmte Verjährung wäre dann wieder in Lauf gesetzt worden. Unter diesen Voraussetzungen wäre die Verjährung des Zugewinnausgleichsanspruchs des Klägers bereits eingetreten gewesen, als die Beklagten im November 2007 das Verfahren wieder aufriefen. Denn zu diesem Zeitpunkt wären die von der dreijährigen Verjährungsfrist vor Eintritt der Hemmung noch verbliebenen 52 Tage abgelaufen gewesen. Die Beklagten haben die ihnen dem Kläger gegenüber obliegende Pflicht verletzt, vermeidbare Nachteile für den Kläger zu verhindern. Sie haben die im Verkehr erforderliche Sorgfalt außer Acht gelassen, indem sie nicht den sichersten und gefahrlosesten Weg gewählt haben, um den Zugewinnausgleichsanspruch des Klägers geltend zu machen. Insbesondere haben die Beklagten die rechtliche Beurteilung, wann die Hemmung der Verjährung des Zugewinnausgleichsanspruchs endete, nicht an der zum Zeitpunkt der Beratung maßgeblichen höchstrichterlichen Rechtsprechung ausgerichtet. Ihnen musste einerseits bekannt sein, dass nach § 204 Abs. 2 Satz 1 BGB die Hemmung der Verjährung sechs Monate nach der rechtskräftigen Entscheidung oder anderweitigen Beendigung des eingeleiteten Verfahrens endete. Andererseits musste sie wissen, dass gemäß § 204 Abs. 2 Satz 2 BGB die letzte Verfahrenshandlung an die Stelle der Beendigung des Verfahrens tritt, wenn das Verfahren in Stillstand gerät, weil die Parteien es nicht betreiben. Die Beklagten hatten die zum Zeitpunkt der Beratung maßgebliche höchstrichterliche Rechtsprechung zu berücksichtigen. Sie durften deshalb nicht außer Acht lassen, dass die Rechtsprechung bereits im Jahr 2007 das Ruhen des Verfahrens als Stillstand iSd. § 204 Abs. 2 Satz 2 BGB a.F. einordnete und auch in den zur Zeit der rechtlichen Beratung gängigen Kommentaren auf dieses Problem hingewiesen wurde.

Der Annahme einer Pflichtverletzung der Beklagten steht nicht entgegen, dass möglicherweise ein triftiger Grund iSd. § 204 Abs. 2 BGB für das Untätigbleiben der Beklagten zu 2 bestand. Denn nach dem gerade für Verjährungsfragen maßgeblichen "Gebot des sichersten Weges" hatte die Beklagte zu 2 angesichts der im Streitfall unklaren Rechtslage bei der Beurteilung eines triftigen Grundes im Hinblick auf eine etwaige ungünstigere Beurteilung der Rechtslage durch das mit der Sache befasste Gericht den Weg aufzuzeigen, der eine Verjährung des Zugewinnausgleichsanspruchs des Klägers jedenfalls sicher verhindert hätte. Demgemäß ist die Frage, ob im Streitfall ein triftiger Grund bestand, das Verfahren nicht zu betreiben, von drei Gerichten verneint, von dem Berufungsgericht jedoch bejaht worden. Bereits die unterschiedliche Beurteilung dieser Frage durch die Gerichte deutet darauf hin, dass die Beklagten insoweit nicht den sichersten Weg eingeschlagen haben. Ebenso wenig erfüllten die wechselseitig erhobenen Klagen auf Zugewinnausgleich zweifelsfrei in der Rechtsprechung oder nach der allgemeinen Meinung eine Fallgruppe eines triftigen Grundes. Es ist zudem nicht ersichtlich, dass im maßgeblichen Zeitraum wechselseitige Zugewinnausgleichsklagen als Fall eines triftigen Grundes in der Rechtsprechung anerkannt waren. Schließlich muss ein Rechtsanwalt gerade in zweifelhaften Fällen in Rechnung stellen, dass ein Gericht eine andere rechtliche Einschätzung vornehmen kann. Die Beklagten hatten den Kläger über die Maßnahmen aufzuklären, die den Eintritt der Verjährung des Anspruchs zu verhindern vermochten. Mit Blick auf den Umstand, dass das Ruhen des Verfahrens die Verjährung des Zugewinnausgleichsanspruchs des Klägers zur Folge haben konnte, hätten die Beklagten ihn über die damit verbundenen Vorteile und Risiken aufklären müssen. Insoweit hätten sie darauf hinweisen müssen, dass ein nicht zu vernachlässigendes Risiko bestand, dass das Gericht das Vorliegen eines triftigen Grundes abweichend beurteilen würde. Auch hätten sie dem Kläger aufzeigen müssen, dass trotz der Anregung des Gerichts von einer entsprechenden Antragstellung abgesehen werden konnte. Sie hätte den Kläger auf die mit der Durchführung des Verfahrens verbundenen Risiken, insbesondere die dadurch anfallenden Kosten hinweisen müssen. Ferner hätten die Beklagten dem Kläger auch vorschlagen können, mit der Ehefrau des Klägers eine ausdrückliche Vereinbarung über die weitere Hemmung der Verjährung zu treffen. Soweit die Ehefrau des Klägers zu einer Vereinbarung nicht bereit gewesen wäre, hätten die Beklagten dem Kläger die dann zur Verfügung stehenden Möglichkeiten, die Verjährung des Zugewinnausgleichsanspruchs zu verhindern, darstellen müssen.

  1. Kontext der Entscheidung

Nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs ist ein Rechtsanwalt kraft des Anwaltsvertrags verpflichtet, die Interessen seines Auftraggebers in den Grenzen des erteilten Mandats nach jeder Richtung und umfassend wahrzunehmen. Er muss sein Verhalten so einrichten, dass er Schädigungen seines Auftraggebers, mag deren Möglichkeit auch nur von einem Rechtskundigen vorausgesehen werden können, vermeidet. Er hat, wenn mehrere Maßnahmen in Betracht kommen, diejenige zu treffen, welche die sicherste und gefahrloseste ist, und, wenn mehrere Wege möglich sind, um den erstrebten Erfolg zu erreichen, den zu wählen, auf dem dieser am sichersten erreichbar ist. Gibt die rechtliche Beurteilung zu ernstlich begründeten Zweifeln Anlass, so muss er auch in Betracht ziehen, dass sich die zur Entscheidung berufene Stelle der seinem Auftraggeber ungünstigeren Beurteilung der Rechtslage anschließt. Im Prozess ist er verpflichtet, den Versuch zu unternehmen, das Gericht davon zu überzeugen, dass und warum seine Auffassung richtig ist. Welche konkreten Pflichten aus diesen allgemeinen Grundsätzen abzuleiten sind, richtet sich nach dem erteilten Mandat und den Umständen des Falles (BGH, Urteil vom 23. September 2004 – IX ZR 137/03 –, Rn. 16). Bei Verstößen gegen die anwaltliche Beratungspflicht spricht zu Gunsten des Mandanten der Erfahrungssatz, dieser hätte sich bei vertragsgerechtem Handeln des Beauftragten beratungsgemäß verhalten, wenn im Hinblick auf die Interessenlage oder andere objektive Umstände eine bestimmte Entschließung des zutreffend informierten Mandanten mit Wahrscheinlichkeit zu erwarten gewesen wäre (BGH, Urteil vom 19. Januar 2006 – IX ZR 232/01). Ein Anscheinsbeweis kommt demnach nicht nur dann in Betracht, wenn der Rechtsanwalt eine bestimmte Empfehlung zu geben hatte. Hatte der Rechtsanwalt seinen Auftraggeber lediglich umfassend über die Rechtslage zu belehren, verblieb für den Mandanten aber bei vertragsgerechter Information nur eine sinnvolle Entscheidung, so liegt ebenfalls ein in gleicher Weise typischer Sachverhalt vor (BGH, Urteil vom 19. Januar 2006 – IX ZR 232/01 –, Rn. 23). Voraussetzung sind aber tatsächliche Feststellungen, die im Falle sachgerechter Aufklärung durch den rechtlichen Berater aus der Sicht eines vernünftig urteilenden Mandanten eindeutig eine bestimmte tatsächliche Reaktion nahegelegt hätten (BGH, Urteil vom 30. September 1993 – IX ZR 73/93). Besteht nicht nur eine einzige verständige Entschlussmöglichkeit, sondern kommen verschiedene Handlungsweisen ernsthaft in Betracht, die unterschiedliche Vorteile und Risiken in sich bergen, ist grundsätzlich kein Raum für einen Anscheinsbeweis (BGH, Urteil vom 19. Januar 2006 - IX ZR 232/01 -, Rn. 26).

  1. Auswirkungen für die Praxis

Ob die Entscheidung des BGH dem Kläger zum Sieg verhelfen wird, erscheint fraglich. Denn hätten die Beklagten den Kläger pflichtgemäß über die verschiedenen Handlungsmöglichkeiten und deren Risiken aufgeklärt, wären für diesen mehrere Handlungsweisen ernsthaft in Betracht gekommen. Bestehen für den Mandanten aber eine Mehrzahl von Handlungsmöglichkeiten, so trifft ihn die Verpflichtung, den Weg darzulegen, für den er sich konkret entschieden hätte (BGH, Urteil vom 29. September 2005 - IX ZR 104/01). Zudem trifft ihn dann die volle Beweislast, weil der Anscheinsbeweis in einem solchen Fall nicht eingreift (BGH, Urteil vom 30. März 2000 - IX ZR 53/99). Demgemäß kommt dem Kläger eine solche Beweiserleichterung nicht zugute. Er hat lediglich behauptet, der ihm zustehende Zugewinnausgleichsanspruch wäre ihm zuerkannt worden, wenn die Beklagten pflichtgemäß tätig geworden wären. Im Hinblick auf die verschiedenen Handlungsmöglichkeiten des Klägers genügt dieser Vortrag nicht einer hinreichenden Darstellung des Ursachenzusammenhangs zwischen der Fehlberatung der Beklagten und dem durch den Kläger geltend gemachten Schaden. Für den Kläger hätte die Möglichkeit bestanden, seinen Zugewinnausgleichanspruch trotz des durch seine frühere Ehefrau betriebenen Verfahrens selbst gerichtlich weiterzuverfolgen. Dann hätte er allerdings die dadurch entstehenden Kosten jedenfalls zunächst selbst zu tragen gehabt. Der Kläger hätte sich auch mit seiner früheren Ehefrau auf eine ausdrückliche Vereinbarung über die weitere Hemmung der Verjährung verständigen können. Voraussetzung wäre insoweit aber gewesen, dass sich die frühere Ehefrau des Klägers mit dem Abschluss einer entsprechenden Vereinbarung einverstanden erklärt hätte. Schließlich hätte sich der Kläger nach einer pflichtgemäßen Aufklärung über die Vorteile und Risiken mit einem Ruhen des Verfahrens einverstanden erklären können (BGH, Urteil vom 19. September 2024 – IX ZR 130/23 –, Rn. 27).

24.9.2024
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BGH: Anscheinsbeweis für beratungsgerechtes Verhalten

Fehlt es an einer abschließenden höchstrichterlichen Klärung der für die Erfolgsaussichten einer Rechtsverfolgung maßgeblichen Frage, setzt eine zum Eingreifen des Anscheinsbeweises für ein beratungsgerechtes Verhalten des rechtsschutzversicherten Mandanten führende objektive Aussichtslosigkeit der Rechtsverfolgung voraus, dass die Beurteilung der Erfolgsaussichten aus der maßgeblichen Sicht ex ante in jeder Hinsicht unzweifelhaft war.

BGH, Urteil vom 16. Mai 2024 – IX ZR 38/23 

  1. Problemstellung

Welche Auswirkungen die Deckungszusage des Rechtsschutzversicherers seines Mandanten auf den Regressanspruch gegen den Rechtsanwalt wegen Führung eines aussichtlosen Prozesses hat, musste der u.a. für die Anwaltshaftung zuständige IX. Zivilsenat (erneut) entscheiden.

  1. Inhalt und Gegenstand der Entscheidung

Die Klägerin, ein Rechtsschutzversicherer, nimmt den beklagten Rechtsanwalt aus übergegangenem Recht von neun ihrer Versicherungsnehmer auf Ersatz eines Kostenschadens in Anspruch. Der Schaden soll dadurch verursacht worden sein, dass der Beklagte für die Versicherungsnehmer von vornherein aussichtslose Rechtsstreitigkeiten geführt habe. Die Versicherungsnehmer der Klägerin beteiligten sich im Jahr 2004 zum Zwecke der Kapitalanlage an der J. GmbH & Co. KG. Gründungskommanditistin der J. war die T. Die Versicherungsnehmer schlossen mit der T. einen Treuhandvertrag, aufgrund dessen diese zusätzlich zu ihrem eigenen Anteil weitere Kommanditanteile als Treuhänderin für die Versicherungsnehmer hielt. Bei der T. handelte es sich um eine Steuerberatungsgesellschaft; sie unterhielt deshalb eine Berufshaftpflichtversicherung. Deren Versicherungsbedingungen sahen Versicherungsschutz (auch) für eine Tätigkeit der T. als "nicht geschäftsführender Treuhänder" vor. Von der Deckung ausgeschlossen waren Haftpflichtansprüche aus Verstößen im Bereich des unternehmerischen Risikos. Die Beteiligungen der Versicherungsnehmer der Klägerin entwickelten sich nicht wie erwartet. Nachdem das Insolvenzverfahren über das Vermögen der T. eröffnet worden war, gab der Insolvenzverwalter den Deckungsanspruch der T. gegen deren Vermögensschadenhaftpflichtversicherer wegen möglicher Schadensersatzansprüche der Anleger gegen die T. aus der Masse frei. Die Versicherungsnehmer der Klägerin beauftragten den Beklagten mit der Prüfung eines Vorgehens gegen den Vermögensschadenhaftpflichtversicherer. Die Rechtsverfolgung blieb in allen Fällen erfolglos.    

In zwei Urteilen vom 9. Juli 2013 nahm der II. Zivilsenat des BGH bezüglich anderer Fondsgesellschaften eine Haftung der T. gegenüber Anlegern unter dem Gesichtspunkt der Prospekthaftung im weiteren Sinne an (BGH, Urteil vom 9. Juli 2013 – II ZR 193/11; BGH, Urteil vom 9. Juli 2013 – II ZR 9/12). Die T. sei im Verhältnis zu den Anlegern als Altgesellschafterin anzusehen, deren Stellung sich nicht in dem treuhänderischen Halten von Beteiligungen der Treugeber erschöpft habe. Haftungserleichterungen für rein kapitalistische Anleger kämen ihr deshalb nicht zugute. Sie hafte unabhängig von ihrer Stellung als Treuhandkommanditistin auch als "normale" Gesellschafterin (dazu: Stuhlmann, jurisPR-HaGesR 1/2014 Anm. 3). Die Klägerin stützt ihre Schadensersatzansprüche auf die ihren Versicherungsnehmern durch eine (weitere) Rechtsverfolgung nach dem 9. Juli 2013 entstandenen Kostenschäden und verlangt von dem Beklagten Ersatz der von ihr aufgrund der erteilten Deckungszusagen in den Ausgangsverfahren erstatteten Kosten der Rechtsverfolgung. Sie wirft dem Beklagten vor, nicht pflichtgemäß über die (fehlenden) Erfolgsaussichten der Rechtsverfolgung aufgeklärt zu haben. Das Landgericht hat die Klage abgewiesen. Die Berufung der Klägerin hat ganz überwiegend Erfolg gehabt. Die Mandanten des Beklagten hätten im Falle einer zutreffenden Aufklärung über die Erfolgsaussichten von der Rechtsverfolgung abgesehen, so dass der geltend gemachte Kostenschaden nicht entstanden wäre. Für die insoweit beweisbelastete Klägerin streite ein Anscheinsbeweis, den der Beklagte nicht zu erschüttern vermocht habe. Die Rechtsverfolgung sei objektiv aussichtslos gewesen. Der in den Ausgangsverfahren streitgegenständliche Deckungsanspruch habe derart eindeutig nicht bestanden, dass jegliche Erfolgsaussicht eines rechtlichen Vorgehens gegen den Vermögensschadenhaftpflichtversicherer zu verneinen gewesen sei.

Die Revision des Beklagten hat Erfolg. Sie führt zur Wiederherstellung des erstinstanzlichen Urteils. Rechtsfehlerhaft ist die Feststellung des Berufungsgerichts, die Versicherungsnehmer der Klägerin hätten sich im Falle zutreffender Rechtsberatung gegen eine (weitere) Rechtsverfolgung entschieden. Die Frage, wie sich der Mandant bei vertragsgerechter Belehrung durch den rechtlichen Berater verhalten hätte, zählt zur haftungsausfüllenden Kausalität, die der Anspruchsteller nach dem Maßstab des § 287 ZPO zu beweisen hat. Zu Gunsten des Anspruchstellers ist jedoch zu vermuten, der Mandant wäre bei pflichtgemäßer Beratung den Hinweisen des Rechtsanwalts gefolgt, sofern im Falle sachgerechter Aufklärung aus der Sicht eines vernünftig urteilenden Mandanten eindeutig eine bestimmte tatsächliche Reaktion nahegelegen hätte. Eine solche Vermutung kommt hingegen nicht in Betracht, wenn nicht nur eine einzige verständige Entschlussmöglichkeit bestanden hätte, sondern nach pflichtgemäßer Beratung verschiedene Handlungsweisen ernsthaft in Betracht gekommen wären, die unterschiedliche Vorteile und Risiken in sich geborgen hätten. Greift die Vermutung beratungsgerechten Verhaltens ein, so liegt hierin keine Beweislastumkehr, sondern ein Anscheinsbeweis, der durch den Nachweis von Tatsachen entkräftet werden kann, die für ein atypisches Verhalten des Mandanten im Falle pflichtgemäßer Beratung sprechen. Der Anscheinsbeweis setzt voraus, dass ein Sachverhalt feststeht, auf dessen Grundlage die Schlussfolgerung gerechtfertigt ist, dass der Mandant bei zutreffender Beratung von einer Rechtsverfolgung abgesehen hätte. Ausgangspunkt ist die allgemeine Lebenserfahrung. Dies kann angesichts der Interessen eines rechtsschutzversicherten Mandanten, mit Hilfe seiner Rechtsschutzversicherung von Kostenrisiken befreit zu werden, erst dann bejaht werden, wenn das Ergebnis der rechtlichen Beurteilung in jeder Hinsicht unzweifelhaft ist. Die Annahme der Aussichtslosigkeit unterliegt hohen Anforderungen. Die Rechtsverfolgung muss aus der maßgeblichen Sicht ex ante aus tatsächlichen oder rechtlichen Gründen objektiv aussichtslos gewesen sein. Dies kommt etwa in Betracht, wenn eine streitentscheidende Rechtsfrage höchstrichterlich abschließend geklärt ist. Regelmäßig ist dies dann der Fall, wenn eine einschlägige Entscheidung ergangen ist. Auch dann können aber im Schrifttum geäußerte Bedenken, mit denen sich die Rechtsprechung noch nicht auseinandergesetzt hat, Veranlassung zu der Annahme geben, die Rechtsprechung werde noch einmal überdacht. Die niemals auszuschließende Möglichkeit einer zugunsten des Mandanten ergehenden Fehlentscheidung vermag die Aussichtslosigkeit der Rechtsverfolgung indes nicht auszuschließen. Geht es um die Beurteilung materiell-rechtlicher Fragen, muss klar sein, welcher Sachverhalt der rechtlichen Beurteilung im jeweils maßgeblichen Zeitpunkt der Beratung zugrunde zu legen ist. Fehlt es an einer höchstrichterlichen Klärung, muss sich der Sachverhalt zudem derart unter Rechtsvorschriften subsumieren lassen, dass das Ergebnis einer Auslegung unter keinem rechtlichen Gesichtspunkt zweifelhaft sein kann. Eine Rechtsverfolgung kann auch in tatsächlicher Hinsicht objektiv aussichtslos sein. Das kommt in Betracht, wenn der dem Mandanten ohne jeden Zweifel obliegenden Darlegungs- und Beweislast offenkundig nicht genügt werden kann.    

Diese Grundsätze hat das Berufungsgericht verkannt. Die Voraussetzungen des Anscheinsbeweises bei einwandfrei erteilter Deckungszusage sind nicht aufgrund einer höchstrichterlich geklärten Rechtslage gegeben. Die Frage des Deckungsanspruchs gegen den Vermögensschadenhaftpflichtversicherer der T. wegen Haftungsansprüchen gegenüber Anlegern der J. war höchstrichterlich nicht abschließend geklärt. Der II. Zivilsenat des BGH hatte mit beiden Urteilen vom 9. Juli 2013 nur über eine Haftung der T. gegenüber Anlegern entschieden, nicht über den hier maßgeblichen Deckungsanspruch der T. gegenüber dem Vermögensschadenhaftpflichtversicherer. Der IV. Zivilsenat hatte in einer Parallelsache über eine Nichtzulassungsbeschwerde entschieden und diese für unzulässig gehalten (BGH, Beschluss vom 24. Juni 2015 – IV ZR 248/14). Lediglich nicht tragend und ohne nähere Begründung hatte er bemerkt, dass die Nichtzulassungsbeschwerde auch unbegründet wäre, weil es an einem Zulassungsgrund fehlte. Das führte selbst dann nicht zu einer höchstrichterlichen Klärung der (einfachrechtlichen) Erfolgsaussichten der Rechtsverfolgung, wenn die Nichtzulassungsbeschwerde als unbegründet zurückgewiesen worden wäre. Die Zurückweisung einer Nichtzulassungsbeschwerde als unbegründet besagt im Ausgangspunkt nur, dass es an einem Zulassungsgrund fehlt, nicht aber, dass die Entscheidung des Berufungsgerichts einfachrechtlich richtig ist.  

Ebenso wenig sind die Voraussetzungen für das Eingreifen eines Anscheinsbeweises bei einwandfrei erteilter Deckungszusage für den Fall einer fehlenden höchstrichterlichen Klärung gegeben. Insoweit stellt das Berufungsgericht rechtsfehlerhaft zu geringe Anforderungen an das Eingreifen des Anscheinsbeweises. Im Streitfall geht es um die materiell-rechtliche Beurteilung des Deckungsschutzes aus einer Vermögensschadenhaftpflichtversicherung anhand der dem Versicherungsvertrag zugrundeliegenden Bedingungen. Ob der Sachverhalt, insbesondere die vom Berufungsgericht für maßgeblich gehaltene Beteiligung der T. an der J. auch als Gründungskommanditistin in den maßgeblichen Zeitpunkten der Beratung der Versicherungsnehmer hinreichend klar war, ist nicht festgestellt. Selbst wenn man davon ausgeht, dass dies so war, wäre die Rechtsverfolgung nicht objektiv aussichtslos gewesen. Der Deckungsschutz bemaß sich nach den in den Vertrag über die Vermögensschadenhaftpflichtversicherung einbezogenen Bedingungen. Diese waren im Blick auf die Auswirkungen der Beteiligung der T. als Gründungskommanditistin auf den Deckungsschutz für Haftpflichtansprüche aus der Tätigkeit als Treuhandkommanditistin auslegungsbedürftig. Das Ergebnis der Auslegung war nicht unter jedem rechtlichen Gesichtspunkt unzweifelhaft. Aus der maßgeblichen Sicht ex ante und unter Berücksichtigung der für die Auslegung allgemeiner Versicherungsbedingungen maßgeblichen Grundsätze erschien es jedenfalls nicht unvertretbar, von einem Deckungsschutz für Haftpflichtansprüche aus der Tätigkeit der T. als Treuhandkommanditistin auszugehen. Auf die ungewissen Erfolgsaussichten einer auf diese Auslegung gestützten Rechtsverfolgung musste der Beklagte die Versicherungsnehmer hinweisen. Eine Aussichtslosigkeit der Rechtsverfolgung, die ein Eingreifen des Anscheinsbeweises zur Folge hätte, ergibt sich daraus jedoch nicht.  

  1. Kontext der Entscheidung

Mit Urteil vom 16. September 2021 hat der Senat Grundsätze zum Eingreifen des Anscheinsbeweises im Falle pflichtwidriger Beratung über die Erfolgsaussichten eines rechtlichen Vorgehens bei bestehendem Deckungsanspruch aus einer Rechtsschutzversicherung oder bereits vorliegender Deckungszusage entwickelt (BGH, Urteil vom 16. September 2021 – IX ZR 165/19). Danach besteht die Pflicht des Rechtsanwalts zur Beratung des Mandanten über die Erfolgsaussichten einer in Aussicht genommenen Rechtsverfolgung unabhängig davon, ob der Mandant rechtsschutzversichert ist oder nicht (BGH, Urteil vom 16. September 2021 – IX ZR 165/19 -, Rn. 26). Die Pflicht des Rechtsanwalts, den Mandanten über die Erfolgsaussichten einer in Aussicht genommenen Rechtsverfolgung aufzuklären, endet nicht mit deren Einleitung; verändert sich die rechtliche oder tatsächliche Ausgangslage im Laufe des Verfahrens, muss der Rechtsanwalt seinen Mandanten über eine damit verbundene Verschlechterung der Erfolgsaussichten aufklären (BGH, Urteil vom 16. September 2021 – IX ZR 165/19 -, Rn. 31). Ein bestehender Deckungsanspruch des Mandanten gegen seinen Rechtsschutzversicherer oder eine bereits vorliegende Deckungszusage können den Anscheinsbeweis für ein beratungsgerechtes Verhalten des Mandanten ausschließen; dies gilt nicht, wenn die Rechtsverfolgung objektiv aussichtslos war (BGH, Urteil vom 16. September 2021 – IX ZR 165/19 -, Rn. 38). In diesem Fall greift der Anscheinsbeweis nur ein, wenn die (weitere) Rechtsverfolgung des Mandanten objektiv aussichtslos war; ist das Kostenrisiko durch eine (versicherungs-)rechtlich einwandfrei herbeigeführte und daher bestandsfeste Deckungszusage weitestgehend ausgeschlossen, können schon ganz geringe Erfolgsaussichten den Mandanten dazu veranlassen den Rechtsstreit zu führen oder fortzusetzen (BGH, Urteil vom 16. Mai 2024 – IX ZR 38/23 –, Rn. 17).  

  1. Auswirkungen für die Praxis

Ein pflichtwidriges Verhalten des Rechtsanwalts ist vom Mandanten darzulegen und zu beweisen, selbst soweit es dabei um negative Tatsachen geht (BGH, Urt. v. 09.06.2011 - IX ZR 75/10 -, Rn. 10). Somit muss der Mandant, will er den Rechtsanwalt wegen Führung eines aussichtlosen Prozesses in Anspruch nehmen, darlegen und beweisen, über die Risiken nicht aufgeklärt worden zu sein. Die mit dem Nachweis einer negativen Tatsache verbundenen Schwierigkeiten werden dadurch ausgeglichen, dass die andere Partei die behauptete Fehlberatung substantiiert bestreiten und darlegen muss, wie im Einzelnen beraten bzw. aufgeklärt worden sein soll. Dem Anspruchsteller obliegt dann der Nachweis, dass diese Darstellung nicht zutrifft (BGH, Urt. v. 11.10.2007 - IX ZR 105/06 -, Rn. 12, dazu: Geisler, jurisPR-BGHZivilR 2/2008 Anm. 1). Wenn den Rechtsanwalt auch keine Dokumentationspflicht trifft, empfiehlt es sich trotzdem für den anwaltlichen Berater, die dem Mandanten erteilten Ratschläge schriftlich in Vermerkform niederzulegen oder dem Mandanten die erteilte Aufklärung schriftlich zu bestätigen. Hierzu gehören auch Verweise auf negative Rechtsfolgen und mögliche (Kosten-)Risiken für den Fall des Prozessverlustes (Vyvers, jurisPR-VersR 10/2019 Anm. 5).

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