BGH: Berechnung der Bauhandwerker-Sicherheitsleistung bei Mängeln

22.5.2025
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1. Nach Kündigung des Vertrags wegen Nichtleistung einer Bauhandwerkersicherung gemäß § 648a Abs. 5 Satz 1 BGB a.F. durch den Unternehmer kann dieser nach seiner Wahl etwaige Mängel der bis zur Kündigung erbrachten Leistung beseitigen oder die Beseitigung der Mängel ablehnen. Einer erneuten Fristsetzung zur Leistung der Bauhandwerkersicherung vor Ablehnung der Mängelbeseitigung bedarf es nicht.
2. Der nach Kündigung gemäß § 648a Abs. 5 Satz 1 BGB a.F. bestehende Vergütungsanspruch für die bis zur Kündigung erbrachte Leistung ist für den Fall, dass der Unternehmer (auch) die Mängelbeseitigung wegen Nichtleistung der Bauhandwerkersicherung ablehnt, in Anlehnung an § 634 Nr. 3, § 638 BGB um den auf den Mangel entfallenden Wertanteil der Vergütung zu kürzen. Die Kürzung ist dabei ausgehend von der vereinbarten Vergütung anhand der Vergütungsanteile zu schätzen, die auf die mangelhafte Leistung entfallen.
BGH, Urteil vom 16. April 2025 – VII ZR 236/23

A. Problemstellung
§ 650f Abs. 5 Satz 2 BGB (früher: § 648a Abs. 5 BGB) bestimmt, dass der Unternehmer nach Kündigung wegen nicht gestellter Sicherheit berechtigt ist, die vereinbarte Vergütung zu verlangen; er muss sich jedoch dasjenige anrechnen lassen, was er infolge der Aufhebung des Vertrages an Aufwendungen erspart oder durch anderweitige Verwendung seiner Arbeitskraft erwirbt oder böswillig zu erwerben unterlässt. Wie zum Kündigungszeitpunkt vorhandene Mängel bei der Bemessung der Vergütung zu berücksichtigen sind, hatte der VII. Zivilsenat zu entscheiden.

B. Inhalt und Gegenstand der Entscheidung
Der Beklagte beauftragte die Klägerin im Jahr 2015 mit der Herstellung eines Wärmedämmverbundsystems für sein Mehrfamilienhaus. Dem Auftrag lag ein Angebot der Klägerin zugrunde, das mit Einheitspreisen versehene Detailleistungsverzeichnisse enthielt. Die Klägerin führte die Leistung aus und erstellte unter dem 31. Mai 2016 eine Schlussrechnung, die abzüglich geleisteter Abschlagszahlungen einen offenen Restwerklohn in Höhe von 5.602,54 € auswies. Unter dem 20. Juli 2016 erstellte die Klägerin eine weitere Rechnung über zusätzliche Leistungen in Höhe von 1.390,90 €. Der Beklagte rügte unter anderem Mängel der ausgeführten Leistung. Ende Juli 2016 forderte die Klägerin von dem Beklagten unter Fristsetzung die Stellung einer Bauhandwerkersicherung in Höhe von 7.692,78 €. Nachdem die Sicherheit nicht geleistet worden war, machte die Klägerin den Anspruch auf Bauhandwerkersicherung zunächst teilweise in Höhe von 5.500 € gerichtlich geltend. Mit Schreiben vom 23. März 2017 erklärte sie schließlich gegenüber dem Beklagten wegen der ausstehenden Sicherheit die Kündigung des Vertrags hinsichtlich etwaiger Restleistungen. Dabei führte sie aus, dass die Kündigung nicht die durch den Beklagten erhobenen Mängelrügen betreffe und auch nicht solche Mängel, die während des Laufs der Gewährleistungsfrist noch auftreten könnten. Zugleich forderte die Klägerin in dem Kündigungsschreiben unter Setzung einer neuen Frist die Stellung einer Bauhandwerkersicherung in Höhe von nunmehr 8.435,11 €. Nachdem diese Frist wiederum ohne Leistung einer Sicherheit verstrichen war, erklärte die Klägerin gegenüber dem Beklagten mit Schreiben vom 20. April 2017, den Vertrag auch hinsichtlich etwaiger Mängel- und Gewährleistungsansprüche zu kündigen. Ferner machte sie in der Folgezeit den Anspruch auf Bauhandwerkersicherung in Höhe von weiteren 2.935,11 € gerichtlich geltend. Die Klagen auf Sicherheitsleistung hatten Erfolg.
Das Landgericht hat der auf Zahlung von Restwerklohn gerichteten Klage in Höhe von 6.198,28 € stattgegeben und sie im Übrigen abgewiesen. Die Berufung der Klägerin hat das Berufungsgericht zurückgewiesen. Das Landgericht habe der Klägerin zu Recht einen restlichen Vergütungsanspruch gemäß §§ 631, 632, 648a BGB in Höhe von 6.198,28 € zuerkannt. In der Berufungsinstanz stehe allein im Streit, ob das Landgericht von dem restlichen Vergütungsanspruch in Höhe von 7.668,28 € zutreffend einen Betrag in Höhe von 1.470 € wegen der festgestellten Mängel in Abzug gebracht habe. Dies sei zu bejahen. Entgegen der Auffassung der Klägerin sei nach Kündigung gemäß § 648a Abs. 5 Satz 1 BGB von der Vergütung für die erbrachte Leistung gemäß § 648a Abs. 5 Satz 2 BGB kein Abzug in Höhe der infolge unterlassener Mängelbeseitigung ersparten Aufwendungen sowie eines etwaigen anderweitigen Erwerbs vorzunehmen. Vielmehr sei die Vergütung für die erbrachte Leistung um den mangelbedingten Minderwert zu kürzen. Der für die erbrachte Leistung begründete Vergütungsanspruch sei durch die im Kündigungszeitpunkt vorhandenen Mängel beschränkt. Der Unternehmer habe insoweit die Wahl, entweder die Mängel zu beseitigen und die volle Vergütung für seine erbrachte Leistung zu erlangen oder sich ohne Mängelbeseitigung auf eine gekürzte Vergütung zu beschränken. Auf diese Weise könne er auch hinsichtlich der mangelhaft erbrachten Leistung eine endgültige Abrechnung herbeiführen. Nach vorzugswürdiger Auffassung sei die aufgrund der unterlassenen Mängelbeseitigung vorzunehmende Kürzung der Vergütung für die erbrachte Leistung wie im Abrechnungsverhältnis zu berechnen. Hieraus folge, dass eine Kürzung um den infolge der Mängel entstandenen Minderwert zu erfolgen habe. Der in § 648a Abs. 5 Satz 2 BGB geregelte Abzug für ersparte Aufwendungen und einen anderweitigen Erwerb betreffe lediglich die Folgen für den infolge der Kündigung nicht erbrachten Leistungsteil und gelte nicht (entsprechend) für die erbrachte - aber mangelhafte - Leistung. Soweit die erbrachte Leistung mangelhaft sei, sei sie weniger Wert und daher entsprechend geringer zu vergüten. Die nach der Kündigung der Klägerin gemäß § 648a Abs. 5 Satz 1 BGB ausgesprochene zweite Kündigung hinsichtlich der Mängelansprüche führe zu keinem anderen Ergebnis. Sie rechtfertige es nicht, die unterlassene Mängelbeseitigung nunmehr als nicht erbrachte Leistung zu werten und § 648a Abs. 5 Satz 2 BGB insoweit (entsprechend) anzuwenden. Ferner verkenne die Auffassung, die eine Kürzung der Vergütung für die erbrachte Leistung lediglich um die ersparten Aufwendungen für die unterlassene Mängelbeseitigung und einen etwaigen anderweitigen Erwerb befürworte, dass nicht lediglich den Besteller der Vorwurf treffe, die Sicherheit nicht gestellt zu haben. Vielmehr sei auch dem Unternehmer vorzuwerfen, dass er mangelhaft geleistet habe. Danach sei - wie sonst auch in Abrechnungsverhältnissen bezüglich bereits erbrachter, aber mangelhaft ausgeführter Leistungen - der mangelbedingte Minderwert in Abzug zu bringen. Dieser werde gemäß § 287 ZPO auf 1.470 € geschätzt. Dabei sei zugrunde zu legen, dass der Abzug auch insoweit grundsätzlich nicht anhand der voraussichtlich erforderlichen, aber noch nicht aufgewendeten ("fiktiven") Mängelbeseitigungskosten zu bemessen sei. Gleichwohl könne in geeigneten Fällen der mangelbedingte Wertunterschied aus Gründen der Vereinfachung anhand fiktiver Mängelbeseitigungskosten geschätzt werden. Das sei hier unter Berücksichtigung der Ausführungen des Sachverständigen zu bejahen (OLG Düsseldorf, Urteil vom 30. November 2023 – I-5 U 33/23).
Die Erwägungen des Berufungsgerichts halten nicht in allen Punkten der rechtlichen Nachprüfung stand. Das Berufungsgericht ist allerdings zu Recht davon ausgegangen, dass der Klägerin nach ihrer auf § 648a Abs. 5 Satz 1 BGB gestützten wirksamen Kündigung des Vertrags vom 23. März 2017 und ihrem Schreiben vom 20. April 2017, mit dem sie nach erneuter erfolgloser Fristsetzung zur Leistung der Bauhandwerkersicherung die Mängelansprüche gekündigt hat, ein fälliger Vergütungsanspruch gegen den Beklagten in Höhe von - unstreitig - 7.668,28 € gemäß §§ 631, 648a Abs. 5 Satz 2 BGB zusteht und hiervon wegen der festgestellten Mängel der bis zur Kündigung erbrachten Leistung ein Abzug vorzunehmen ist. Nach Kündigung des Vertrags wegen Nichtleistung einer Bauhandwerkersicherung gemäß § 648a Abs. 5 Satz 1 BGB durch den Unternehmer kann dieser nach seiner Wahl etwaige Mängel der bis zur Kündigung erbrachten Leistung beseitigen oder die Beseitigung der Mängel ablehnen. Einer erneuten Fristsetzung zur Leistung der Bauhandwerkersicherung vor Ablehnung der Mängelbeseitigung bedarf es nicht. Lehnt der Unternehmer die Beseitigung der Mängel wegen Nichtleistung der Bauhandwerkersicherung ab, wird der Vergütungsanspruch auch ohne Abnahme fällig. In diesem Fall wird die Vergütung für die bis zur Kündigung erbrachte Leistung wegen der Mängel gekürzt, während die Vergütung für die infolge der Kündigung nicht mehr erbrachte Leistung unter Abzug der ersparten Aufwendungen und eines etwaigen anderweitigen Erwerbs beziehungsweise eines böswillig unterlassenen anderweitigen Erwerbs zu ermitteln ist, § 648a Abs. 5 Satz 2 BGB. Mit der Kündigung enden die Rechtsbeziehungen der Vertragsparteien für die Zukunft (ex nunc). Dies hat zur Folge, dass der Umfang des vom Unternehmer geschuldeten Werks auf die bis zur Kündigung erbrachte Leistung beschränkt wird. Der mit der Kündigung verbundene Ausschluss weiterer Erfüllung bezieht sich ausschließlich auf den noch nicht hergestellten Teil des Werks. Dagegen wird das Erfüllungsstadium hinsichtlich der bereits erbrachten Leistung durch die Kündigung nicht beendet. Auch bei einem gekündigten Vertrag ist deshalb die erbrachte Leistung vom Besteller abzunehmen, wenn sie im Wesentlichen mangelfrei ist, § 640 Abs. 1 BGB. Erst mit der Abnahme endet insoweit das Erfüllungsstadium und der Vergütungsanspruch wird fällig, § 641 Abs. 1 BGB. Ist die erbrachte Leistung mangelhaft, kann der Besteller weiter die Beseitigung der Mängel verlangen. Dem entspricht es, dass dem Unternehmer in diesem Fall das Recht zur Beseitigung der Mängel verbleibt. Diese allgemein zur Kündigung ergangene Rechtsprechung beruht darauf, dass hierdurch ein vernünftiger und billiger Interessenausgleich bewirkt wird. Da der Besteller auch im Fall einer Kündigung grundsätzlich zur Bezahlung der erbrachten Leistung verpflichtet bleibt, hat er ein berechtigtes Interesse daran, die Ansprüche wegen der Mängel dieser Leistung nicht zu verlieren. Auf der anderen Seite hat auch der Unternehmer ein berechtigtes Interesse daran, die Mängel der von ihm erbrachten Leistung selbst zu beseitigen, um den vollen Werklohn hierfür beanspruchen zu können.    
Im Ausgangspunkt gilt diese Rechtsprechung auch für die Kündigung wegen Nichtleistung einer Bauhandwerkersicherung gemäß § 648a Abs. 5 Satz 1 BGB. Diese Kündigung wirkt in gleicher Weise wie die freie Kündigung des Bestellers oder die Kündigung aus wichtigem Grund nur für die Zukunft und beschränkt den Umfang des vom Unternehmer geschuldeten Werks auf die bis zur Kündigung erbrachte Leistung. Die beiderseitige Interessenlage der Vertragsparteien erfordert es nicht, mit der Kündigung gemäß § 648a Abs. 5 Satz 1 BGB eine (Nach-)Erfüllung hinsichtlich der mangelhaft erbrachten Leistung von vornherein auszuschließen. So kann der Unternehmer auch in einer solchen Konstellation ein berechtigtes Interesse daran haben, die Mängel der erbrachten Leistung - gegebenenfalls ungesichert oder gegen eine verminderte Sicherheit - selbst zu beseitigen, um den Werklohn hierfür in vollem Umfang zu verdienen. Es ist nicht erkennbar, warum ihm dieses Recht nach der Kündigung gemäß § 648a Abs. 5 Satz 1 BGB, anders als bei den anderen Kündigungstatbeständen, nicht mehr zugestanden werden sollte, obwohl die hier in Rede stehende Kündigung auf einer Pflichtverletzung des Bestellers beruht. Auch die berechtigten Interessen des Bestellers erfordern insoweit kein anderes Ergebnis. Allerdings ist der Unternehmer nicht verpflichtet, ohne Leistung einer Bauhandwerkersicherung die Mängel der erbrachten Leistung zu beseitigen. Beseitigt der Unternehmer die Mängel nicht, entsteht ein Schwebezustand, weil der Unternehmer einerseits die weitere Leistung mangels Stellung einer Bauhandwerkersicherung nicht erbringen muss, andererseits dann aber auch die Voraussetzungen für die Abnahme der erbrachten Leistung und damit für die Fälligkeit der Vergütung nicht schafft. In diesem Fall ist der Schwebezustand, wie das Berufungsgericht zu Recht entschieden hat, dadurch aufzulösen, dass der Unternehmer die Beseitigung der Mängel ablehnen und auf diese Weise eine endgültige Abrechnung des Vergütungsanspruchs herbeiführen kann. Entscheidet sich der Unternehmer dazu, die Beseitigung der Mängel abzulehnen, muss er wegen der Mängel einen Abzug von der Vergütung für die erbrachte Leistung hinnehmen.
Bereits zu § 648a Abs. 5 BGB a.F. hat es der Senat für angemessen gehalten, den Schwebezustand in der Weise aufzulösen, dass der Unternehmer in sinngemäßer Anwendung dieser Vorschriften berechtigt ist, sich von seiner Mängelbeseitigungspflicht zu befreien und auf diese Weise eine endgültige Abrechnung der mangelhaft erbrachten Leistung herbeizuführen. Dem Unternehmer wurde damit das Recht eingeräumt, selbst eine Minderung herbeizuführen. Wollte er dagegen die volle Vergütung verdienen, musste er es hinnehmen, dass der Besteller vor Abnahme mangelnde Fälligkeit oder nach Abnahme das Leistungsverweigerungsrecht gemäß § 641 Abs. 3 BGB geltend macht (BGH, Urteil vom 22. Januar 2004 - VII ZR 183/02, Rn. 22 f.).    
Die zur alten Rechtslage angestellten Erwägungen des Senats haben insoweit, wie das Berufungsgericht zu Recht annimmt, weiterhin Gültigkeit. Den beiderseitigen Interessen der Vertragsparteien wird auch nach Änderung des § 648a BGB durch das Forderungssicherungsgesetz angemessen dadurch Rechnung getragen, dass dem Unternehmer die Möglichkeit eingeräumt wird, sich (auch) von seiner Verpflichtung zur Beseitigung der Mängel der erbrachten Leistung zu lösen und insoweit eine geminderte Vergütung zu verlangen. Demgegenüber wäre eine Lösung, wonach es dem Unternehmer lediglich gestattet ist, die Vergütung nach Erbringung der Mängelbeseitigung oder Zug um Zug gegen diese zu verlangen, unangemessen. Denn damit wäre der Unternehmer gezwungen, eine ungesicherte Vorleistung zu erbringen, um seine Vergütung durchsetzen zu können. Eine solche Lösung wurde bereits auf der Grundlage der sich aus § 648a BGB in der Fassung vom 2. Januar 2002 ergebenden gesetzlichen Wertung abgelehnt (BGH, Urteil vom 22. Januar 2004 - VII ZR 183/02, Rn. 26). Diese Erwägungen gelten in gleicher Weise für den mit dem Forderungssicherungsgesetz geänderten § 648a BGB. Ebenso wäre eine Lösung, wonach dem Unternehmer die Vergütung zusteht, er diese jedoch nur Zug um Zug gegen Mängelbeseitigung, diese wiederum Zug um Zug gegen Sicherheitsleistung durch den Besteller durchsetzen kann, unangemessen. Denn mit einem entsprechenden Urteil wäre der Weg dahin eröffnet, dass der Unternehmer einen ungeminderten Werklohn für die erbrachte Leistung erhält, obwohl diese Mängel aufweist. So könnte er unter den Voraussetzungen der §§ 294 ff. BGB den Annahmeverzug des Bestellers feststellen lassen und dann den Werklohn vollstrecken, § 274 Abs. 2 BGB. In gleicher Weise könnte er vollstrecken, wenn er nach einem Urteil fruchtlos zur Sicherheitsleistung aufgefordert hat (BGH, Urteil vom 22. Januar 2004 - VII ZR 183/02, Rn. 27). Ein solches Ergebnis lässt sich nicht damit rechtfertigen, dass der Besteller verpflichtet ist, die Sicherheit zu stellen. Denn auch der Unternehmer hat seine Vertragspflichten nicht erfüllt. Die Zahlung der ungeminderten Vergütung für eine dauerhaft mangelhafte Leistung ist daher nach der neuen Rechtslage ebenfalls nicht gerechtfertigt. Die Systematik der neuen Regelung rechtfertigt keine andere Beurteilung. Vielmehr kann § 648a Abs. 5 Satz 1 BGB weiterhin in dem Sinne angewandt werden, dass der Unternehmer, der nach dieser Vorschrift gekündigt hat, sich - nach seiner Wahl - auch von der Verpflichtung zur (Nach-)Erfüllung wegen Mängeln der erbrachten Leistung lösen kann mit der Folge, dass insoweit nur eine geminderte Vergütung geschuldet ist.
Dies bedarf indes nicht einer zweiten Kündigung (entsprechend) § 648a Abs. 5 Satz 1 BGB durch den Unternehmer. Dem Gesetz ist eine Lösung, nach der ein bereits gekündigter Vertrag ein zweites Mal bezüglich der Verpflichtung zur (Nach-)Erfüllung wegen Mängeln gekündigt wird, fremd. Vielmehr richten sich die Rechte der Vertragsparteien wegen Mängeln nach einer Kündigung des Vertrags grundsätzlich nach den allgemein hierfür geltenden Regeln. Es ist nicht erkennbar, dass mit § 648a Abs. 5 Satz 1 BGB - abweichend hiervon - eine solche zweite Kündigungsmöglichkeit eröffnet werden sollte. Eine solche Lösung ist zur Erreichung eines angemessenen Interessenausgleichs auch nicht erforderlich. Vielmehr entspricht es der Rechtsprechung des Senats, dass es unter bestimmten Voraussetzungen möglich ist, in Fällen, in denen es bei mangelhafter Leistung nicht mehr zur Abnahme kommt, ein Abrechnungsverhältnis herbeizuführen. Damit korrespondiert die Lösung, dem Unternehmer nach der Kündigung gemäß § 648a Abs. 5 Satz 1 BGB das Recht einzuräumen, - nach seiner Wahl - entweder die Mängel der bis zur Kündigung erbrachten Leistung ungesichert zu beseitigen und damit eine Abnahme herbeizuführen oder die Mängelbeseitigung abzulehnen und hierdurch eine endgültige Abrechnung zu ermöglichen, um auf diese Weise den anderenfalls entstehenden Schwebezustand aufzulösen. Eine solche Lösung steht auch im Einklang mit dem durch die Neufassung des § 648a BGB verfolgten Zweck der Regelung. Mit der Änderung des § 648a BGB sollte die Rechtslage zugunsten des Unternehmers verbessert werden. Dem Unternehmer wurde deshalb zum einen gemäß § 648a Abs. 1 BGB ein einklagbarer Anspruch auf Leistung einer Bauhandwerkersicherung eingeräumt, der auch bei mangelhafter Leistung besteht und noch nach Abnahme geltend gemacht werden kann. Zum anderen ist ihm im Fall der Nichtleistung der Bauhandwerkersicherung ein Kündigungsrecht gemäß § 648a Abs. 5 Satz 1 BGB eingeräumt worden, das den nach Kündigung bestehenden Vergütungsanspruch des Unternehmers nicht mehr auf die Vergütung für die bis zur Kündigung erbrachte Leistung beschränkt, sondern auch eine Vergütung für die nicht mehr erbrachte Leistung gewährt. Der Gesetzgeber wollte die Rechtsfolgen der Kündigung gemäß § 648a Abs. 5 Satz 1 BGB damit denjenigen der freien Kündigung des Bestellers gleichstellen. Er hat dies damit begründet, dass diese Kündigung wegen der sich aus der Nichtleistung der Bauhandwerkersicherung ergebenden Vertragsverletzung des Bestellers der Sache nach nichts anderes als eine außerordentliche Kündigung des Unternehmers sei (BTDrucks. 16/511 S. 17). Hieraus ergibt sich indes nicht, dass er den sich nach Kündigung wegen Nichtleistung der Bauhandwerkersicherung ergebenden Schwebezustand bei Mängeln der erbrachten Leistung abweichend von der hierzu ergangenen Rechtsprechung des Senats zu § 648a Abs. 5 BGB in der Fassung vom 2. Januar 2002 auflösen wollte.    
Ausgehend hiervon ist der Vergütungsanspruch der Klägerin mit ihrem Schreiben vom 20. April 2017 fällig geworden. Nach dem Wortlaut dieses Schreibens hat die Klägerin  gegenüber dem Beklagten eine (zweite) Kündigung des Vertrags hinsichtlich etwaiger Mängelansprüche ausgesprochen. Da eine solche (zweite) Kündigung nach den obigen Ausführungen nicht in Betracht kommt, kann das Schreiben vom 20. April 2017 gemäß §§ 133, 157 BGB nur dahin ausgelegt werden, dass die Klägerin nunmehr (auch) die Beseitigung der Mängel der erbrachten Leistung wegen Nichtleistung der Bauhandwerkersicherung ablehnt. Hierzu war die Klägerin, wie ausgeführt, berechtigt. Wie das Berufungsgericht zu Recht annimmt, ist der Vergütungsanspruch der Klägerin mit Ablehnung der Mängelbeseitigung auch ohne Abnahme der erbrachten Leistung fällig geworden und endgültig abzurechnen. Dabei ist im Rahmen der Abrechnung wegen der festgestellten Mängel ein Abzug von der Vergütung für die erbrachte Leistung vorzunehmen. Das Berufungsgericht hat indes die Kürzung des Vergütungsanspruchs für die erbrachte Leistung rechtsfehlerhaft anhand der voraussichtlich für die Beseitigung der Mängel erforderlichen Kosten geschätzt. Der nach Kündigung gemäß § 648a Abs. 5 Satz 1 BGB bestehende Vergütungsanspruch für die bis zur Kündigung erbrachte Leistung ist für den Fall, dass der Unternehmer (auch) die Mängelbeseitigung wegen Nichtleistung der Bauhandwerkersicherung ablehnt, in Anlehnung an § 634 Nr. 3, § 638 BGB um den auf den Mangel entfallenden Wertanteil der Vergütung zu kürzen. Die Kürzung ist dabei ausgehend von der vereinbarten Vergütung anhand der Vergütungsanteile zu schätzen, die auf die mangelhafte Leistung entfallen. Es wäre eine nicht gerechtfertigte Besserstellung des Bestellers, wenn er im Regelfall die voraussichtlichen Kosten der Mängelbeseitigung von der Vergütung des Unternehmers für die erbrachte Leistung abziehen könnte, obwohl er die Mängelbeseitigung wegen der Nichtleistung der Bauhandwerkersicherung nicht verlangen und daher die Voraussetzungen für einen Erstattungsanspruch oder einen Schadensersatzanspruch in Höhe der Mängelbeseitigungskosten auch nicht schaffen kann. Aus den gleichen Gründen ist auch ein Abzug in Höhe des mangelbedingten Minderwerts der durch das Werk geschaffenen oder bearbeiteten, im Eigentum des Bestellers stehenden Sache, der in geeigneten Fällen anhand der voraussichtlich erforderlichen Mängelbeseitigungskosten geschätzt werden kann, nicht gerechtfertigt. Der Vergütungsanspruch ist vielmehr um den auf den Mangel entfallenden Wertanteil der Vergütung zu kürzen. Da es nach Kündigung des Unternehmers wegen Nichtleistung der Bauhandwerkersicherung und Ablehnung der Mängelbeseitigung nicht mehr dazu kommt, dass die bis zur Kündigung erbrachte Leistung mangelfrei erbracht wird, hat der Unternehmer wirtschaftlich betrachtet den auf den Mangel entfallenden Wertanteil der Vergütung dauerhaft nicht verdient. Die Vergütung ist deshalb - in Anlehnung an § 634 Nr. 3, § 638 BGB - um diesen Wertanteil zu kürzen. Dabei ist ausgehend von der vereinbarten Vergütung der Minderwert der erbrachten Leistung wegen des nicht beseitigten Mangels unter Berücksichtigung der Umstände des Einzelfalls gemäß § 287 ZPO zu schätzen. Maßstab ist danach die durch den Mangel der erbrachten Leistung erfolgte Störung des Äquivalenzverhältnisses. Da die Parteien mit der im Werkvertrag vereinbarten Vergütung zum Ausdruck gebracht haben, wie sie die mangelfrei erbrachte Leistung bewerten, kann der Kürzungsbetrag anhand der Vergütungsanteile geschätzt werden, die auf die mangelhaft erbrachte Leistung entfallen. Ergeben sich die Vergütungsanteile nicht aus dem Vertrag, sind sie zu schätzen. Eine Schätzung des Kürzungsbetrags anhand der voraussichtlich erforderlichen Mangelbeseitigungskosten kommt danach nur dann in Betracht, wenn es überwiegend wahrscheinlich ist, dass diese den auf die mangelhafte Leistung entfallenden Vergütungsanteilen im Wesentlichen entsprechen. Mit dieser Lösung wird den berechtigten Interessen beider Vertragsparteien angemessen Rechnung getragen. Hierbei wird berücksichtigt, dass einerseits der Besteller wegen seiner Vertragspflichtverletzung die Beseitigung der Mängel nicht mehr verlangen kann, andererseits auch der Unternehmer durch die mangelhafte Leistung seinen Vertrag nicht ordnungsgemäß erfüllt und die Vergütung insoweit nicht in vollem Umfang verdient hat. Danach ist das Berufungsgericht im Rahmen der Schätzung von einem unrichtigen Maßstab ausgegangen und hat deshalb den Minderungsbetrag nicht ausgehend von der im Einheitspreisvertrag vereinbarten Vergütung und den auf die mangelhaft erbrachte Leistung entfallenden Vergütungsanteilen bemessen.

C. Kontext der Entscheidung
Das Berufungsgericht hatte gemeint, nach Kündigung gemäß § 648a Abs. 5 Satz 1 BGB sei von der Vergütung für die erbrachte Leistung gemäß § 648a Abs. 5 Satz 2 BGB kein Abzug in Höhe der infolge unterlassener Mängelbeseitigung ersparten Aufwendungen sowie eines etwaigen anderweitigen Erwerbs vorzunehmen. Vielmehr sei die Vergütung für die erbrachte Leistung um den mangelbedingten Minderwert zu kürzen (OLG Düsseldorf, Urteil vom 30. November 2023 – I-5 U 33/23 –, Rn. 26ff. ) Das OLG Oldenburg ist – mit einem nach dem OLG Düsseldorf ergangenen Urteil – im entscheidenden Punkt anderer Auffassung als das OLG Düsseldorf als Vorinstanz des Besprechungsurteils : „Die Kündigungsvergütung gemäß § 650 f Abs. 5 S. 2 BGB bemisst sich an der vereinbarten Vergütung abzüglich infolge der Vertragsaufhebung ersparter Aufwendungen. Deswegen sind von der vereinbarten Vergütung die Aufwendungen abzuziehen, welche sich der Kläger infolge der durch die Kündigung entfallenen Mängelbeseitigung erspart hat. Nur so wird ausreichend berücksichtigt, dass die Beklagte durch ihre Vertragsverletzung in Form der unterbliebenen Sicherheitsleistung das Vertragsverhältnis gestört hat. Soweit also Mängel an Leistungen aus dem Vertrag ‚Einbauleistungen‘ festgestellt werden, hat der Kläger darzulegen, welche Selbstkosten der Mängelbeseitigung insoweit bei ihm angefallen wären. Erfüllt der Kläger diese Erstdarlegungslast, liegt im Falle des Bestreitens die Beweislast bei der Beklagten.“ (OLG Oldenburg, Urt. v. 05.03.2024 - 2 U 115/23 Rn. 65 - 66). Auch der VII. Zivilsenat des BGH hat zu § 648a BGB in der Fassung vom 2. Januar 2002 entschieden, dass der Vergütungsanspruch des Unternehmers - sofern die Mängelbeseitigung möglich ist und nicht wegen unverhältnismäßig hoher Kosten verweigert werden kann - regelmäßig um die Kosten zu kürzen ist, die notwendig sind, um den Mangel beseitigen zu lassen, sonst um den Minderwert des Bauwerks. Daran hält der Senat jedoch ausdrücklich nicht fest (BGH, Urteil vom 16. April 2025 – VII ZR 236/23 –, Rn. 40). Vielmehr ist der Vergütungsanspruch um den auf den Mangel entfallenden Wertanteil der Vergütung zu kürzen, da der Unternehmer wirtschaftlich betrachtet den auf den Mangel entfallenden Wertanteil der Vergütung dauerhaft nicht verdient. Die Vergütung ist deshalb - in Anlehnung an § 634 Nr. 3, § 638 BGB - um diesen Wertanteil zu kürzen (BGH, Urteil vom 16. April 2025 – VII ZR 236/23 –, Rn. 42). Da mit Einheitspreisen versehene Detailleistungsverzeichnisse vorlägen, könne nicht nachvollzogen werden, inwieweit eine hiervon ausgehende Schätzung der auf die mangelhaft erbrachte Leistung entfallenden Vergütungsanteile nicht möglich sein sollte (BGH, Urteil vom 16. April 2025 – VII ZR 236/23 –, Rn. 46). Das leuchtet für den entschiedenen Sachverhalt ein, gilt jedoch nicht, wenn es sich bei dem Werkvertrag um einen Pauschalpreisvertrag handelt. Zur Schätzung des auf den mangelbehafteten Teils entfallenden Vergütungsanteils wird sich das Gericht der Beratung durch einen (baubetrieblichen) Sachverständigen bedienen müssen, was bei Globalpauschalverträgen noch notwendiger sein wird als bei Detailpauschalverträgen. Dass der Vergütungsprozess dadurch zeitlich und finanziell aufwendiger werden wird, liegt auf der Hand.

D. Auswirkungen für die Praxis
Wichtig für die Praxis ist die Klarstellung des Senats, dass es einer erneuten Fristsetzung zur Leistung der Bauhandwerkersicherung vor Ablehnung der Mängelbeseitigung nicht bedarf, wenn der Unternehmer nach Kündigung des Vertrags wegen Nichtleistung einer Bauhandwerkersicherung die Beseitigung der Mängel ablehnt (BGH, Urteil vom 16. April 2025 – VII ZR 236/23 –, Rn. 21). Diese Klarstellung ist zwar zu § 648a Abs. 5 Satz 1 BGB ergangen, gilt aber auch für die aktuelle Fassung der Norm in § 650f BGB.

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